Datum: 05. Juni 2008

PM 2008-187: GRÜNE fordern Änderungen beim Hochschulzulassungsgesetz

Auswahlverfahren verschärfen bestehende Herkunftsabhängigkeit beim Hochschulzugang
Die GRÜNE-Fraktion im Sächsischen Landtag fordert umfangreiche Änderungen beim Hochschulzulassungsgesetz. „Die Anhörung hat gezeigt: Der vorliegende Gesetzentwurf ist nicht dazu geeignet, die Eignung für das Studium zu verbessern. Stattdessen droht er die soziale Selektion zu verschärfen und verpflichtet die Hochschulen zu einem erheblichen personellen Mehraufwand“, kritisiert Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, Parlamentarischer Geschäftsführer und hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion GRÜNE, den Entwurf der Staatsregierung.
„Die Verpflichtung der Hochschulen zu einem zweiten Auswahlkriterium ist das Gegenteil der angekündigten Autonomie.“ Bei der heutigen Anhörung im Wissenschaftsausschuss hatten die Prorektoren für Studium der TU Dresden, der Universität Leipzig und der Hochschule Görlitz sowie die Studierenden einhellig den Entwurf kritisiert.
Gerstenberg unterstützt das Ziel, den Hochschulen mehr Freiheit bei der Auswahl der Studierenden zu geben, da „es durchaus sinnvoll ist, bei der Studienzulassung für zulassungsbeschränkte Fächer nicht nur den Abiturdurchschnitt, sondern mindestens ein zweites Kriterium wie Berufsausbildung oder Gewichtung fachbezogener Einzelnoten im Abitur heranzuziehen. Das darf jedoch nur zur Option, keinesfalls jedoch zur Pflicht werden.“
Er warnt jedoch davor, durch bestimmte Auswahlverfahren die bestehende Herkunftsabhängigkeit beim Hochschulzugang weiter zu verschärfen:
„Auswahlgespräche besitzen nicht genügend Aussagekraft über die Qualität des Bewerbers. Gerade Bewerber aus gehobenen Schichten können sich bei solchen Gesprächen besser verkaufen als ein andere. Der schöne Schein droht über die tatsächliche inhaltliche Kompetenz zu siegen. Diesem Problem muss der Entwurf besser gerecht werden.“
Als Alternative schlägt Gerstenberg die von der TU Dresden geforderte Einführung von Orientierungssemestern vor, wie sie bereits im Hochschulgesetzentwurf der GRÜNEN-Fraktion vorgesehen sind: „Die Hochschulen brauchen dringend die Möglichkeit für Orientierungssemester, damit Studienanfänger ihren Studienwunsch konkretisieren können. Die Universität Lüneburg zeigt, dass es funktioniert. Allerdings kann es dabei nicht darum gehen, die Studienbewerber nachträglich herauszuprüfen. Wer immatrikuliert ist, muss seinen Studienplatz behalten.“
Gerstenberg fordert die Staatsregierung auf, die erheblichen Mehraufwendungen der Hochschulen für die Auswahlverfahren im kommenden Doppelhaushalt zu berücksichtigen. „Es ist eine Unverschämtheit gegenüber den Hochschulen, sie mit neuen Aufgaben zu konfrontieren, ohne ihnen das notwendige Geld zur Verfügung zu stellen. Den Hochschulen bleibt nichts anderes übrig, als bei der Lehre zu sparen. Das Ergebnis ist absurd: Künftig treffen in den Hochschulen geeignete Bewerber auf schlechtere Studienbedingungen.“
Für das weitere parlamentarische Verfahren kündigt Gerstenberg umfangreiche Änderungsanträge an: „Das Gesetz muss auf den Prüfstand und kann in der vorliegenden Form nicht ohne massiven Schaden für die Hochschulen verabschiedet werden.“