Datum: 17. Juni 2008

PM 2008-196: Hochschulgesetzentwurf ist eine Brüskierung der Hochschulen

Staatsregierung hat Chance für wichtige Änderungen vertan
Die GRÜNE-Fraktion im Sächsischen Landtag kritisiert den Hochschulgesetzentwurf der Staatsregierung massiv, der heute vom Kabinett verabschiedet wurde. „Nach den umfangreichen Stellungnahmen aus der Anhörungsphase ist dieser Entwurf eine Brüskierung der Hochschulen“, erklärt Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, Parlamentarischer Geschäftsführer und hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion.
„Bis auf Änderungen im Detail hat sich an der Grundausrichtung des Gesetzes nichts geändert. Die Staatsregierung hat nichts aus den kritischen Stellungnahmen der Hochschulen gelernt. Nach wie vor will die Koalition unternehmensähnliche Organisationsstrukturen einführen und zugleich an den verschiedensten Stellen die staatliche Gängelung beibehalten. Deutlicher kann die Staatsregierung ihre Missachtung gegenüber den Hochschulen nicht zum Ausdruck bringen.“
Insbesondere bei Personal und Finanzen löst der Entwurf das Versprechen auf mehr Autonomie nicht ein: „Die Globalbudgets werden durch die vorgesehene Rechtsverordnung des Finanzministeriums, die bis ins Detail regelt, wie mit den Finanzen umzugehen ist, gleich wieder kassiert. Auch der Umfang der Lehrverpflichtungen wird wie bisher bürokratisch auf dem Verordnungsweg geregelt.“
Sachsen droht in vielen Bereichen gegenüber den hochschulgesetzlichen Regelungen in anderen Ländern zurückzufallen. „Es ist ein Armutszeugnis, wenn bei der Promotion das überholte Rigorosum nicht endlich abgeschafft wird. Beim Teilzeitstudium will Sachsen mit unverbindlichen Regelungen offenbar das bundesweite Schlussschlicht werden. Wir begrüßen es sehr, dass der von uns seit Jahren geforderte Hochschulzugang auf Grundlage des Meisterbriefes sich endlich im Gesetzentwurf wiederfindet; zu einer weiteren Öffnung konnte sich die Koalition jedoch bedauerlicherweise nicht durchringen. Das ist angesichts des drohenden Rückgangs der Studierendenzahlen fatal.“
Die vorgesehen Organisationsstrukturen der Hochschulen bestätigen dem Hochschulpolitiker zufolge schlimmste Erwartungen. „Der Entwurf sieht weiterhin eine beispiellose Entmachtung der akademischen Gremien vor. Selbst in den akademischen Fragen, in denen der Senat üblicherweise alleinige Entscheidungsbefugnis besitzt, muss er in Sachsen künftig das Einvernehmen des Rektorates einholen. Zu glauben, dass ein zweimal jährlich tagender Hochschulrat, der mehrheitlich mit Externen besetzt ist, das Handeln des Rektorates ernsthaft kontrollieren kann, ist naiv. Es gibt faktisch keine Situation mehr, in der das Rektorat nicht die letzte Entscheidungsgewalt hat.
Gerstenberg sieht jetzt das parlamentarische Verfahren als letzte Chance für Änderungen. „Der Entwurf der Staatsregierung wird sich jetzt im Landtag am Gesetzentwurf der GRÜNEN messen lassen müssen. CDU und SPD sollten offen sein für Änderungen, wenn sich einzelne Regelungen unseres Entwurfs als deutlich besser herausstellen.“
Die GRÜNE-Fraktion hatte bereits im vergangenen Jahr einen eigenen Hochschulgesetzentwurf eingebracht, der nach der parlamentarischen Sommerpause gemeinsam mit dem Entwurf der Staatsregierung beraten werden wird.