Datum: 09. Juli 2008

PM 2008-212: Kritik an Eckpunkten des Haushaltsentwurfs der Landesregierung

Neuverschuldungsverbot schießt über Ziel hinaus – Hohe Investitionsquote sagt nichts über Qualität des Haushalts – weiterer Straßenausbau ist Irrweg und verstößt gegen Generationengerechtigkeit – trickst Jurk mit Zahlen zur Wirtschaftsförderung?
Antje Hermenau, Fraktionsvorsitzende und Finanzexpertin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, kritisiert Eckpunkte des Haushaltsentwurfs der Regierung wie folgt:
Zum geplanten Neuverschuldungsverbot:
„Es ist finanz- und wirtschaftspolitisch unvernünftig, dauerhaft und prinzipiell auf Verschuldung verzichten zu wollen. Stattdessen sollten wir eine Schuldenbremse nach dem Schweizer Vorbild einführen. Nach diesem Modell müssten wir in guten Zeiten – wie jetzt – Geld zurücklegen, um das so Gesparte in schlechten Zeiten einsetzen zu können. In Sonderfällen wäre im Abschwung auch eine Schuldenaufnahme zulässig, die in guten Zeiten verbindlich wieder zurückzuzahlen sind. So können wir konjunkturbedingte Schwankungen der Steuereinnahmen ausgleichen und vermeiden, dass im Abschwung sinnvolle Projekte und wichtige Staatsaufgaben – wie Bildung, Sport und Kultur etc. – dem Rotstift zum Opfer fallen. In Zeiten der Steuermehreinnahmen gilt ein Neuverschuldungsverbot.“
Zur Investitionsquote von 20 Prozent:
„Die Investitionsquote als Qualitätsindikator für öffentliche Haushalte heranzuziehen, ist veraltet und irreführend. So zählt die Anschaffung einer neuen Dienstwagenflotte als Investition, die Entwicklung eines neuen Patents oder eines innovativen Produktes oder Prozesses hingegen nicht. Die Regierung muss sich daher endlich gegenüber der Bundesregierung für ein reformiertes Berechnungsschema des Solidarpaktes einsetzen, das die Finanzierung von Forschung und Entwicklung mit Solidarpaktmitteln zulässt. Erst dann werden wir einen echten Schub beim Aufbau Ost erreichen.“
Zum geplanten Straßenausbau:
„Der weitere Straßenausbau ist ein förderpolitischer Irrweg und verstößt gegen die Generationengerechtigkeit: Immer weniger Sachsen müssen künftig mehr Geld pro Kopf für den Unterhalt des stetig wachsenden Straßennetzes aufbringen. Ministerpräsident Stanislaw Tillich betreibt Etikettenschwindel, wenn er von einem generationengerechten Haushalt spricht, die künftigen Lasten für den Straßenunterhalt durch seine Politik des Straßenausbaus aber immer größer werden. Das Straßennetz Sachsens ist wettbewerbsfähig und bereits jetzt viel dichter als in vielen Westländern. Das Geld müssen wir sinnvoller einsetzen, beispielsweise für Forschung und Entwicklung.“
Zu den Zahlen zur Wirtschaftsförderung:
„Ich vermute Trickserei, wenn sich Wirtschaftsminister Thomas Jurk rühmt, 900 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung sowie die Ansiedlung von Unternehmen bereit zu stellen. Wahrscheinlich ist diese Zahl der Überlappung der EU-Förderperioden und der Übertragung von Ausgaberesten aus den Vorjahren geschuldet. Mit politischen Erfolgen hat das allerdings wenig zu tun. Es ist eher Zeichen einer trägen Bürokratie, die zu lange für das Formulieren von Förderrichtlinien braucht.“