Datum: 28. Juli 2008

PM 2008-227: Staatsregierung beschäftigt Praktikanten meist noch zum Nulltarif

Gerstenberg kritisiert Schneckentempo bei Umsetzung fairer Praktikastandards
Die sächsische Verwaltung beschäftigt immer noch einen großen Teil der Praktikanten zum Nulltarif. Eine Kleine Anfrage der Fraktion GRÜNE im Sächsischen Landtag ergab zudem, dass knapp 10 Monate nach dem Beschluss des Landtags keine Standards für faire Praktika in Staatsministerien, der Landesverwaltung und sonstigen Einrichtungen des Freistaates existieren.
Am knausrigsten ist das Finanzministerium. Von 138 dort beschäftigten Praktikanten erhalten nur drei eine Vergütung. Doch auch diese bezahlten Praktika sind ein klarer Fall von Ausbeutung. Denn es handelt sich um Praktikanten mit abgeschlossenem Hochschulstudium, also echte Berufseinsteiger, für die Praktika eigentlich nicht vorgesehen sind. Auch in den anderen Ministerien und ihren nachgeordneten Behörden sieht es nicht besser aus: werden – selten genug – Vergütungen gezahlt, dann in der Regel nur als Einmal- oder Sondervergütung.
Die meisten Praktikanten stehen ausgerechnet unter sozialdemokratischer Verantwortung. Satte 2169 Praktikanten werden im Geschäftsbereich von Wissenschafts- und Kunstministerin Eva-Maria Stange beschäftigt. Bis auf wenige Ausnahmen erhalten sie keine Vergütung, darunter sogar 8 Praktikanten mit Hochschulabschluss. Auch im Sozialministerium ist man wenig sozial. Vergütungen sind Fehlanzeige. Immerhin erhalten die Hochschulabsolventen eine Aufwandsentschädigung.
Am 28. September 2007 hatte der Landtag auf Antrag der GRÜNEN eine Initiative für faire Praktika beschlossen. „Die Staatsregierung brauchte vier Monate, um eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung des Antrags zu gründen. Nach über sechs Monaten sind immer noch keine Ergebnisse in Sicht. Dieses Schneckentempo bei einem vergleichsweise überschaubaren Gegenstand lässt die Vermutung aufkommen, dass hier bewusst ein Landtagsbeschluss verschleppt wird“, erklärt Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, Parlamentarischer Geschäftsführer und hochschulpolitischer Sprecher.
Der Auftrag an die Staatsregierung ist klar. Dem Landtagsbeschluss zufolge sollen Standards für faire Praktika in der öffentlichen Verwaltung eingeführt und diese bei der Förderpraxis des Freistaats berücksichtigt werden. Darüber hinaus soll die Wirtschaft eine Selbstverpflichtung für faire Praktika eingehen und ein Gütesiegel für faire Praktika entwickelt werden. Nicht beschlossen wurde der Teil des Antrags der GRÜNEN, der konkrete Standards wie eine Höchstdauer von 4 Monaten und eine Mindestvergütung von 250 Euro vorsieht – Punkte, an denen die Arbeitsgruppe nun seit einem halben Jahr arbeitet. Die Kleine Anfrage „Standards für faire Praktika in Sachsen“ (Drs. 4/12291) Der Antrag „Initiative des Freistaates für faire Praktika“ (Drs. 4/8182)