Datum: 30. Juli 2008

PM 2008-230: Sachsen LB – Fehlerhafter Geschäftsbericht 2006/ Rechtsaufsicht hat versagt

Auch BaFin und Bundesbank müssen sich vor Untersuchungsausschuss befragen lassen – Risiken aus Dublin-Geschäft wurden unvollständig dargestellt
Der Geschäftsbericht der SachsenLB im Jahr 2006 war fehlerhaft. Das ergab eine Untersuchung der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung. Moniert werden u.a. unvollständige oder fehlerhafte Darstellungen zu den Risiken aus dem Dublin-Geschäft, darunter Haftungs-, Preisänderungs-, Ausfall- und Liquiditätsrisiken aus der Ormond Quay-Struktur sowie zu den finanziellen Verpflichtungen der Sachsen LB gegenüber der Dublin-Tochter auf dem Wege der Patronatserklärungen.
 
Antje Hermenau, Fraktionsvorsitzende und Haushaltsexpertin der GRÜNEN im Sächsischen Landtag, erklärt dazu:
 
„Die Feststellungen belegen das eklatante Versagen des sächsischen Finanzministeriums (SMF), das die gesetzlich verankerte Rechtsaufsicht über die Sachsen LB hatte. Schließlich war dem SMF das außerbilanzielle Geschäft der Dublin-Tochter in Milliardenhöhe spätestens mit dem BaFin-Sondergutachten des Jahres 2005 bekannt. Die Beanstandungen der Deutschen Prüfgesellschaft belegen jetzt, dass die Dublin-Geschäfte und deren Risiken hätten dargelegt werden müssen. Das SMF trägt eine Teilschuld, dass dies nicht geschah.“
 
„Wären Umfang und Risiken des Dublin-Geschäfts zutreffend dargestellt worden, hätte dem Freistaat das Milliarden-Desaster vielleicht erspart werden können. Dann hätten die Alarmglocken rechtzeitig geschrillt, bspw. im Verwaltungsrat, im Kreditausschuss oder auch in der Anteilseignerversammlung.“
 
Eine zentrale Voraussetzung für funktionsfähige und effiziente Kapitalmärkte ist Transparenz. Das wissen auch Bundesbank und BaFin. Beide müssen sich daher jetzt vor dem Untersuchungsausschuss fragen lassen, wieso der Geschäftsbericht in puncto Dublin-Geschäft unvollständig war. Schließlich war auch diesen beiden das Milliarden-Geschäft in Dublin seit dem Sonderprüfbericht der BaFin aus dem Jahr 2005 bekannt. Beide haben die Fachaufsicht über die SachsenLB und waren als Gäste im Verwaltungsrat der SachsenLB vertreten.“
 
„Sollte es dem sächsischen Untersuchungsausschuss aus rechtlichen Gründen versagt bleiben, Bundesbank und BaFin zu ihrem eigenen Versagen zu befragen, muss die Bundesebene über die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses ernsthaft nachdenken.“
 
Hintergründe:
Die Feststellungen  Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung zu den Fehlern des Geschäftsberichts der Sachsen LB im Jahr 2006 können hier nachgelesen werden: http://www.ad-hoc-news.de/CorporateNews/18497492/rss 
Der Landesbank-Untersuchungsausschuss hat ein Rechtsgutachten extern in Auftrag gegeben zur Frage, inwiefern der Untersuchungsausschuss berechtigt ist, BaFin und Bundesbank zu einer Vernehmung zu verpflichten, und zu welchen Themengebieten eine Vernehmung zulässig wäre. Derzeit ist nicht auszuschließen, dass ein Landes-Untersuchungsausschuss Bundesbehörden wie BaFin und Bundesbank zu deren eigenen Versagen nicht befragen darf.
 
Die im (alten) Gesetz (über die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe) verankerte Rechtsaufsicht des SMF im Wortlaut:
 
§ 47 Rechtsaufsicht
(1) Die Sachsen LB untersteht der Aufsicht des Freistaates Sachsen. Aufsichtsbehörde ist das Staatsministerium der Finanzen.
 
(2) Die Aufsicht erstreckt sich darauf, dass Verwaltung und Geschäftsführung der Sachsen LB den Gesetzen, den Rechtsverordnungen, der Satzung und den aufsichtsbehördlichen Anordnungen entsprechen (Rechtsaufsicht). Bei der Durchführung der Aufsicht kann sich die Aufsichtsbehörde der Einrichtungen des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbands oder Dritter bedienen, deren Kosten die Sachsen LB trägt.
 
(3) Die Aufsichtsbehörde kann sich jederzeit über die Angelegenheiten der Sachsen LB unterrichten, insbesondere sämtliche Geschäfts- und Verwaltungsvorgänge nachprüfen, hierfür die Geschäftsräume der Sachsen LB betreten sowie Berichte und Akten anfordern.
 
(4) Die Aufsichtsbehörde kann Beschlüsse und Anordnungen der Organe der Sachsen LB, die das Recht verletzen, aufheben und verlangen, dass Maßnahmen, die auf Grund derartiger Beschlüsse oder Anordnungen getroffen worden sind, rückgängig gemacht werden. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung.
 
(5) Erfüllt die Sachsen LB die ihr obliegenden Rechtspflichten nicht oder kommt sie dem Verlangen der Aufsichtsbehörde nach Absatz 4 nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde die Sachsen LB anweisen, innerhalb einer angemessenen Frist das Erforderliche zu veranlassen. Kommt die Sachsen LB der Anweisung nicht innerhalb der ihr gesetzten Frist nach, kann die Aufsichtsbehörde anstelle der Sachsen LB das Erforderliche anordnen und auf deren Kosten selbst durchführen oder durch einen Beauftragten durchführen lassen.
 
(6) Wenn und solange der ordnungsgemäße Geschäftsgang der Sachsen LB es erfordert und die Maßnahmen der Aufsichtsbehörde nach den Absätzen 3 bis 5 nicht ausreichen, kann die Aufsichtsbehörde einen Beauftragten bestellen, der alle oder einzelne Aufgaben der Sachsen LB auf Kosten der Sachsen LB wahrnimmt. Der Beauftragte hat die Stellung eines Organs der Sachsen LB.