Datum: 10. November 2008

PM 2008-335: Hochschule – Es droht ein Gesetz mit erheblichen Rechtsproblemen

Rechtssicherheit und Verfassungskonformität sollten das Mindeste sein, was die Koalition zustande bringt
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag sieht durch das geplante Hochschulgesetz erhebliche Rechtsunsicherheiten auf die Hochschulen zukommen.
Der Wissenschaftsausschuss des Landtages hatte am Donnerstagabend mit den Stimmen der Koalition den Entwurf der Staatsregierung mit Änderungen beschlossen.
„Dass dieses Gesetz fachlich schlecht ist, war seit längerem klar. Nun werden die rechtlichen Probleme des Entwurfs immer deutlicher“, kritisiert Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, hochschulpolitischer Sprecher seiner Fraktion. „Insbesondere beim Hochschulrat und bei den Zielvereinbarungen kommen erhebliche Rechtsunsicherheiten auf die Hochschulen zu. Das haben neben dem renommierten Hochschulrechtler Prof. Rottmann nun auch der juristische Dienst sowie der Verfassungs- und Rechtsausschuss des Landtages festgestellt.“
Gerstenberg kritisiert, dass sich an der Rolle des Hochschulrates im Prinzip nichts geändert hat. „Der Hochschulrat besitzt nach wie vor zu viel Einfluss auf Genehmigungen und Entscheidungen, wie beispielsweise über den Wirtschaftsplan. Um angesichts dieser Kompetenzen zweifelsfrei verfassungskonform zu sein, müssten seine Vertreter mehrheitlich von der Hochschule benannt werden. Die jetzige Übermacht der Staatsregierungsvertreter ist ein Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit.“
Demgegenüber stattet der grüne Entwurf den Hochschulrat verfassungskonform lediglich mit beratenden Kompetenzen aus, die Mitglieder des Hochschulrates werden von der Hochschule vorgeschlagen und vom Landtag gewählt. Angesichts der verfassungsrechtlichen Zweifel sieht Gerstenberg die Möglichkeiten, dass einzelne Hochschulen oder deren Mitglieder gegen das Gesetz klagen können. „Mögliche Klagen und erst recht ihr potentieller Erfolg verunsichern die Hochschulen und drohen die Regelungen zur Makulatur werden zu lassen.“
Zusätzliche Rechtsunsicherheit entsteht Gerstenberg zufolge dadurch, dass die Staatsregierung vorerst darauf verzichtet, Folgeänderungen in anderen Gesetzen zu realisieren. „Es ist ein Unding, dass nach Inkrafttreten des Hochschulgesetzes sich darauf beziehende Regelungen in 21 anderen Gesetzen ins Leere laufen. Trotz massiver Warnungen des juristischen Dienstes des Landtages riskiert die Staatsregierung sehenden Auges, dass Beschäftigte und Studierende der Hochschulen in erhebliche Rechtsprobleme geraten.
Wissenschaftsministerin Stange setzt ihre Zeitschiene auf Kosten der Hochschulen und derjenigen, die mit ihnen zu tun haben, durch.“
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor kommt laut Gerstenberg mit den Zielvereinbarungen auf die Hochschulen zu. „Das Gesetz regelt nicht, wie und mit welchen Fristen Zielvereinbarungen verhandelt werden, was beim Scheitern von Verhandlungen passiert und welche Verbindlichkeit diese Vereinbarungen haben. Solche Regelungen drohen eher zu lähmen als wirksam zu steuern.“
Mit Blick auf die abschließende Beratung des Landtages hofft Gerstenberg auf die Vernunft der Koalition. „Wenn es auch kein gutes Gesetz wird, so sollten Rechtssicherheit und Verfassungskonformität das Mindeste sein, was die Koalition zustande bringt. An einem Gesetz auf Abruf können weder Staatsregierung noch Hochschulen Interesse haben.“