PM 2009-011: GRÜNE-Fraktion stellt Ergebnisse der Großen Anfrage zu Rechtsextremismus vor
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag stellte heute (Dienstag) die wichtigsten Ergebnisse der Antwort der Staatsregierung auf die Große Anfrage ‚Rechtsextremismus in Sachsen‘ (Landtagsdrucksache 4/13281) vor.
Demnach bleibt die Zahl der Rechtsextremisten in Sachsen mit ca. 3.000 Personen konstant hoch. Über ein Drittel dieser Szene gilt als gewaltbereit. Auch die Zahl der Gewalttaten ist im Zeitraum von 2004 bis 2007 gestiegen.
"Die NPD hat im rechtsextremistischen Spektrum an Bedeutung verloren. Sie verliert in Sachsen an Mitgliedern", so Johannes Lichdi, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag. "Die Bedeutung der NPD-Landtagsfraktion für die Bundspolitik ihrer Partei wird überschätzt. Sie nimmt kaum Einfluss auf die Entwicklung der Bundes-NPD. Die sogenannte ‚Dresdner Schule‘ des Landtagsabgeordneten Jürgen Gansel hat sich als ‚Rohrkrepierer‘ erwiesen."
Auch die Kameradschaftsszene in Sachsen schrumpft. Die Verluste bei NPD und Kameradschaften steigern hingegen das Potenzial der ‚Freien Kräfte‘, deren Angehörige sich von 2006 bis 2007 von 250 auf 500 Personen verdoppelt haben. Durch den Trend zu losen Organisationsformen entziehen sich Rechtsextremisten der Beobachtung und dem staatlichen Verfolgungsdruck.
"Man darf nicht glauben, dass die Schwäche der NPD gleichbedeutend mit einer Schwächung des Rechtsextremismus insgesamt ist. Vielmehr gibt es Verschiebungen innerhalb der Szene", erläutert Lichdi. "Insbesondere die Kräfte, die eine dezidiert nationalsozialistische Systemopposition aufbauen wollen, werden gestärkt. Beunruhigend ist, dass diese Kräfte flexibel agieren und durch Verbotsforderungen überhaupt nicht getroffen werden können."
In dem Zusammenhang kritisiert der Landtagsabgeordnete, dass "der Verfassungsschutz offenbar Schwierigkeiten hat, informelle Zusammenhänge im Rechtsextremismus angemessen zu beobachten. Die Staatsregierung ist nahezu blind für die Bedeutung der intellektuellen ‚Neuen Rechten‘ für die Politisierung der rechtsextremen Szene".
Konflikte mit den radikalen Kameradschaften und ‚Freien Kräften‘ beeinträchtigen nach Meinung Lichdis die Wahlaussichten der NPD. "Viele militante Kräfte nehmen die sächsischen NPD-Kader als Bonzen, die es sich im Parlament bequem eingerichtet haben, wahr, und wenden sich von der NPD ab. Die NPD ist aber auf deren Unterstützung dringend angewiesen. Es ist möglich, dass es der NPD im Wahljahr an Mobilisierungspotenzial fehlt."
"Die NPD aus dem Landtag zu werfen, muss das Ziel aller Demokraten sein. Dazu müssen sie gemeinsam der NPD und ihren Helfershelfern entgegentreten. Die erste Gelegenheit dazu sind die Proteste gegen den Naziaufmarsch am 14. Februar in Dresden, der gleichzeitig der Wahlkampfauftakt der NPD sein wird", so der Abgeordnete.
» Hintergrundpapier zur Großen Anfrage "Rechtsextremismus in Sachsen"
» Auszüge aus der Großen Anfrage (PDF)