PM 2009-047: Umweltskandal: Müllbehandlungsanlage in Pohritzsch verseucht Umgebung mit Schwermetallen – Staatsregierung und Umweltbehörden seit einem Jahr untätig
Untersuchungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) haben ergeben, dass Cadmium und Blei die Böden in den Wohngebieten um die Abfallbehandlungsanlage Pohritzsch verseuchen. Dies haben Bodenproben einer von der DUH beauftragten Detektei ergeben.
Johannes Lichdi, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ist empört: "Bereits im Februar 2008 habe ich den damaligen Umweltminister Roland Wöller zur Umwelt- und Gesundheitsgefahr im Umfeld der Abfallbehandlungsanlage Pohritzsch befragt. Doch er hat mit der Begründung abgewiegelt, dass keine Anwohnerproteste vorlägen und auch das zuständige Regierungspräsidium Leipzig keinerlei ‚Beanstandungen‘ festgestellt habe." Auf eine zweite Anfrage zum Thema im April 2008 erhielt Johannes Lichdi eine gleichlautende Antwort (Drs. 4/11299, Frage 3 mit Verweis auf Frage 2, und Drs. 4/11952, Frage 5 verweist auf eben diese Antworten in 11299).
"Offensichtlich kommen die sächsischen Umweltbehörden ihrer Kontrollpflicht bei der Abfallwirtschaft nicht mehr nach. Augenscheinlich haben sie keinerlei Interesse am Gesundheitszustand betroffener Bürgerinnen und Bürger", schlussfolgert Johannes Lichdi, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN nach den jetzt bekannt gewordenen Untersuchungsergebnissen der DUH.
"Die Ergebnisse sind beängstigend: Bei Cadmium wurde eine elffache, bei Blei eine sechsfache Grenzwertüberschreitung festgestellt. Unklar ist, ob auch Dioxine freigesetzt worden sind. Diese sind in den Abfällen, die in der Anlage verarbeitet werden, enthalten", führt Johannes Lichdi aus.
"Ich fordere die Staatsregierung auf, schleunigst eine Untersuchung der Umgebung und des Geländes der Anlage in Pohritzsch durch die Gesundheits- und Polizeibehörden zu veranlassen. Wir brauchen Klarheit über die Art der ausgetretenen Staubbelastung. Zudem müssen sofort Maßnahmen ergriffen werden, die den weiteren Austritt von giftigen Stäuben verhindern", erklärt der grüne Abgeordnete. "Die Anwohner müssen davor gewarnt werden, eventuell Gemüse und Obst aus ihren Gärten zu essen."
Die Deutsche Umwelthilfe (www.duh.de) war von besorgten Bürgern auf die Staubbelastung durch die Abfallimmobilisierungsanlage in Pohritzsch aufmerksam gemacht worden. Sie hat in einem langen und zähen Schriftverkehr die Behörden aufgefordert, Staubproben in der Anlage und dessen Umgebung zu analysieren. Doch diese haben völlig unzureichend reagiert. Am Ende nahm der Umweltverband DUH im Umfeld der Immobilisierungsanlage Proben und ließ sie von einem zertifizierten Labor analysieren.
"Es ist unfassbar, dass Umweltverbände und Bürgerinitiativen immer erst Labore und Detektive engagieren müssen, damit die sächsischen Behörden überhaupt tätig werden", ist Lichdi empört.
Der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN liegen Informationen zu den Abfällen vor, die in der Abfallbehandlungsanlage in Pohritzsch bearbeitet werden. Darunter sind auch Kesselstäube der Müllverbrennungsanlagen in Leuna und Magdeburg sowie Schwermetallabfälle und Filterkuchen aus Italien und der VOEST Alpine GmbH in Linz. (Quelle: RP Leipzig)
» Kleine Anfragen "Umweltbelastungen durch die Abfallbehandlungsanlage in Pohritzsch", LK Delitzsch I + II (Drs. 4/11299 und Drs. 4/11952 vom 19.02. und 16.04.2008)
» Analyseergebnisse Deutsche Umwelthilfe (PDF)
Hintergrund:
Gefahren durch Cadmium und Blei:
Cadmiumverbindungen sind für viele Organismen, auch für Menschen, stark toxisch. Die Inhalation von Cadmium führt zur Schädigung der Atemwege, die orale Aufnahme von Cadmiumverbindungen hat Vergiftungen des Magen-Darmtraktes zur Folge und kann Leber- und Nierenschädigungen hervorrufen.
Blei und seine Verbindungen sind starke Gifte. Sie gelangen als Dämpfe und Stäube über den Respirationstrakt, als lösliche Bleiverbindungen meist über den Magen-Darm-Trakt in den Körper. Auch relativ niedrige Bleikonzentrationen verursachen bei Langzeiteinwirkungen schwere Schädigungen des zentralen und peripheren Nervensystems. Quelle: Brockhaus-Lexikon Chemie