Datum: 22. Juni 2009

PM 2009-147: Große Anfrage Alleinerziehende: Ein Viertel aller Familien in Sachsen Einelternfamilien – Staatsregierung hat kaum Wissen über ihre Lebensumstände

Die Große Anfrage der GRÜNEN-Fraktion macht es deutlich: Allein erziehende Mütter und Väter bilden einen immer größeren Anteil an allen Familien, aber die Sächsische Staatsregierung weiß nur wenig darüber, wie allein erziehende Eltern mit ihren Kindern in Sachsen leben.
"Auch wenn sich die sächsische CDU verbissen an alte Familienmodelle klammert: Alleinerziehende sind in Sachsen Realität. Ein Viertel aller Familien mit Kindern sind Einelternfamilien", fasst Antje Hermenau, Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im Landtag die Zahlen zusammen.
"Diese Veränderung ist jedoch bislang nicht in der Familienpolitik angekommen. Das liegt auch daran, dass die Staatsregierung in vielen Bereichen – wie Gesundheit, Wohnen, Beratung und Vernetzung gar keine Ahnung hat bzw. bis jetzt nicht wissen wollte, wie allein erziehende Mütter und Väter in Sachsen leben", kritisiert Hermenau die vielen ‚Nicht-Antworten‘ der Staatsregierung auf die Große Anfrage.
Aber auch die Fakten und Zahlen, die aus den Antworten ablesbar sind, zeigen wenig Gutes: "Am meisten hat mich erschreckt, wie viele Kinder von Alleinerziehenden Arbeitslosengeld II erhalten. Insgesamt lebten 2007 113.100 Kinder unter 18 Jahren bei Alleinerziehenden. 54.447 von ihnen erhielten über ihre Eltern ALG II. Das sind fast die Hälfte aller Kinder von Alleinerziehenden", ist die Fraktionsvorsitzende entsetzt. Verschärfend kommt hinzu, dass in diesen Zahlen die so genannten Optionskommunen nicht enthalten sind, die eigentliche Zahl mit großer Wahrscheinlichkeit noch höher liegt.
Laut Aussage der Staatsregierung sind ein Drittel aller Alleinerziehenden in Sachsen arm, d.h. sie verfügen über weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens.
"Daraus folgt für mich: Kinder sind nicht ausschließlich Privatsache, sie sind auch Aufgabe der Gemeinschaft. Es ist Aufgabe der Politik, hier Unterstützung zu bieten und Armut zu verhindern", so Hermenau.
"Die Staatsregierung muss sich auf Bundesebene für die Abschaffung des Ehegattensplittings einsetzen. Es fördert Ehen und nicht die Kinder. Wir brauchen stattdessen eine Kindergrundsicherung, für die wir GRÜNE auf Bundesebene bereits ein tragfähiges Modell vorgelegt haben", fordert Hermenau. "Auf Landesebene muss es unser Ziel sein, Alleinerziehenden zu ermöglichen, schneller in Existenz sichernde Arbeit zu kommen. Die bisherigen Förderungen sind eher Stückwerk als ein zusammenhängendes Konzept. Die Rückkehr in Arbeit ist der beste Weg aus der Armut."
"Wenn Ministerpräsident Stanislaw Tillich heute in LVZ und DNN behauptet, Arbeitslose und Alleinerziehende würden im CDU-Wahlprogramm für die Bundestagswahl in den Mittelpunkt gerückt, ist das falsch. Das Ehegattensplitting wird nicht angetastet", kritisiert die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN.
"Die WELT stellt richtig fest: Verheiratete mit Kindern sind die großen Gewinner im CDU-Wahlprogramm. In Sachsen bedeutet das: fast die Hälfte aller Kinder geht leer aus. Weniger als 60 Prozent unter 18 Jahren leben heute noch bei verheirateten Eltern. Tatsächliche Unterstützung für allein erziehende Eltern sieht anders aus." » Bericht aus der WELT
"Statt moralischer Bewertung einzelner Lebens- und Familienformen braucht Sachsen die Förderung aller Familien, egal ob verheiratet oder verpartnert, ohne Trauschein oder allein erziehend", erklärt Hermenau. » Eckpunktepapier "Alleinerziehende unterstützen" (Zusammenfassung der Großen Anfrage) » Hintergrundpapier (Die wichtigsten Zahlen) » Große Anfrage "Lebenslagen von allein erziehenden Eltern und ihren Kindern in Sachsen" (Drs. 4/15143)