PM 2009-153: GRÜNE legen Vorschläge für einen lebendigeren Landtag vor
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag hat heute Vorschläge für einen lebendigeren Landtag vorgelegt.
"Eine allgemeine Parlamentsschelte führt zu nichts, sie spielt nur den Feinden der Demokratie in die Hände", so Karl-Heinz Gerstenberg, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion. "Wir wollen die Arbeit des Landtages transparenter gestalten und attraktivere Debatten ermöglichen. Aber auch die Arbeitsmöglichkeiten sollen verbessert werden, um die Macht des Landtages als gewählte Vertretung der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Staatsregierung zu steigern."
Die GRÜNE-Fraktion schlägt eine Sitzungswoche pro Monat mit je zwei Sitzungstagen (Mittwoch und Donnerstag) vor. "So könnte auch viel schneller auf aktuelle Probleme reagiert werden", so Gerstenberg. Der Abstand zwischen zwei Plenarsitzungen betrug im vergangenen Jahr bis zu neun und zumeist länger als vier Wochen.
Ein Prioritätenblock, dessen Tagesordnungspunkte in einem fairen und rotierenden System allen Fraktionen gleichermaßen zugänglich sind, soll zukünftig – in idealer Weise vormittags – besonders aktuelle, die Öffentlichkeit interessierende Themen enthalten. In diesen Kernzeiten sollen keine parallelen Termine stattfinden und auch alle Minister anwesend sein.
"Mit der Einführung von Kurzinterventionen, wie im Bundestag, kann die Debatte belebt und auch die Stellung des Parlamentes gegenüber der Landesregierung gestärkt werden", so der Abgeordnete. Er hofft, dass bei Aktuellen Debatten die freie Rede im Landtag künftig mehr Beachtung erfährt. "Schon jetzt ist es möglich, Abgeordneten bei wörtlichem Vorlesen von Redebeiträgen das Wort zu entziehen. Auch Dauerredner sind der Tod jeder Debatte. Deshalb ist es sinnvoll, Höchstredezeiten je Wortmeldung einzuführen."
Mit einem Parlamentsinformationsgesetz soll eine ‚Kultur der Transparenz‘ eingeübt werden. "Die Staatsregierung soll den Landtag über Gesetzentwürfe, das Verhalten im Bundesrat, Fragen der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und weitere Initiativen informieren", fordert Gerstenberg. "Das würde auch eine Reihe von Kleinen Anfragen überflüssig machen."
Weitere Vorschläge betreffen die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen, das Verfahren der Sitzverteilung des Landtages, die Reihenfolge der Debattenbeiträge der Fraktionen sowie die Minderheitenrechte bei der Einberufung des Landtages und bei der Einreichung von Normenkontrollklagen.
Die GRÜNE-Fraktion regt auch die Einführung eines kleinen Wissenschaftlichen Dienstes im Landtag an.
"Ich gehe davon aus, dass viele unserer Vorschläge eine Chance haben, Wirklichkeit im Sächsischen Landtag zu werden, denn sie haben sich in der Praxis verschiedener Landesparlamente bewährt", so Gerstenberg. Der Sächsische Landtag wird nach seiner Neuwahl am 30.08. auf seiner ersten Sitzung Ende September eine Geschäftsordnung beschließen.
Eine Verkleinerung des Landtages hält Gerstenberg für wenig hilfreich. "Ein sächsischer Abgeordneter vertritt heute 34.000 Einwohner, das ist die höchste Zahl in Ostdeutschland. Bundesweit liegt Sachsen damit im Mittelfeld. Die Kosten eines Abgeordneten mitsamt Personal und Sachkosten betragen derzeit jährlich 3,74 Euro je Einwohner. Jeder Abgeordneter weniger würde also heißen: Jeder Einwohner spart 3 Cent im Jahr. Dem gegenüber würde eine geringere Bürgernähe der Abgeordneten und die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit der kleinen Fraktionen stehen." "Eine kleine Fraktion müsste dann die Bearbeitung ganzer Themengebiete aufgeben und könnte ihrer Aufgabe, die Staatsregierung zu kontrollieren, nur noch eingeschränkt nachkommen. Die letzten Jahre haben aber deutlich gemacht: Die Staatsregierung braucht nicht weniger, sondern mehr Kontrolle."
» Eckpunktepapier "Lebendiges Parlament – Vorschläge zur Reform des Sächsischen Landtages"