PM 2009-231: Koalitionsentwurf für Sächsisches Versammlungsgesetz – CDU und FDP schleifen Freiheitsrechte
Der Entwurf der Koalitionsfraktionen für ein Sächsisches Versammlungsgesetz, der schon am 4. November im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss behandelt werden soll, verstößt nach Meinung von Johannes Lichdi, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, gegen das grundgesetzlich garantierte Grundrecht der Versammlungsfreiheit.
"Der Entwurf greift in den Kernbestand der Versammlungsfreiheit ein, indem er Demonstrationen an bestimmten Orten und Zeiten mit ausgesuchten Meinungsäußerungen verbietet. Dieser Irrweg kann und soll nach dem Entwurf nicht auf Nazi-Demonstrationen wie jüngst in Leipzig oder zum 13. Februar in Dresden beschränkt werden", erklärt Lichdi.
Der Gesetzentwurf, der von Justizministers Dr. Jürgen Martens (FDP) offenbar mitgetragen wird, geht damit sogar noch über den Entwurf des alten Justizministers Geert Mackenroth hinaus. "Hier zeigt sich, was von der angeblichen Bürgerrechtspartei FDP zu halten ist – nämlich gar nichts!"
"Statt den von der letzten Staatsregierung vorgeschlagenen Katalog von ‚verbotenen Orten‘ zu begrenzen, wird auf eine abschließende Aufzählung jetzt ganz verzichtet. Jede Versammlungsbehörde kann den Gedenkstättenstatus bestimmter Orte selbst begründen. Dies genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wonach wesentliche Entscheidungen durch den Gesetzgeber zu treffen sind."
Auch die Regelung, wonach den Behörden die Gefahrenprognose generell unabhängig vom Gedenkstättenstatus bestimmter Orte erleichtert wird, wenn in der Vergangenheit Gefährdungen angenommen wurden, bedarf der verfassungsrechtlichen Überprüfung.
"Der Gesetzentwurf maßt sich unter Vorwand des Würdeschutzes der Opfer des Nationalsozialismus und des SED-Regimes an, Meinungen und Versammlungen zu verbieten und offiziöse Deutungen bestimmter Gedenkorte wie die Frauenkirche in Dresden mit repressiven Mitteln durchzusetzen. Dies ist mit dem freiheitlichen Staat des Grundgesetzes unvereinbar", so Lichdi abschließend.
Die GRÜNE-Fraktion wird daher in der Sitzung des Rechtsausschusses am Mittwoch, den 4.11.2009, eine öffentliche Anhörung beantragen.
Hintergrund:
Nach der neuen Geschäftsordnung ist es möglich einen Gesetzentwurf ohne öffentliche Begründung im Plenum (1.Lesung) zur Behandlung in die Ausschüsse zu überweisen. Dazu besteht keine Widerspruchsmöglichkeit. Der Gesetzentwurf liegt uns seit dem 30. Oktober vor. Der heutige Justizminister Dr. Jürgen Martens hatte noch im März 2009 erklärt, <<das Versammlungsrecht ist kein Gesinnungs-TÜV, der unliebsame Meinungen ausschließt oder Versammlungen dieser Art verhindern will […] solange keine besonderen Gefährdungen hochrangiger Rechtsgüter vorliegen, ist die Versammlungsfreiheit uneingeschränkt zu gewähren, und das bleibt auch so>>.