Datum: 23. Dezember 2009

PM 2009-290: Umgang mit EU-Fördermitteln ist ein Trauerspiel

Zu den Meldungen über den drohenden Verfall von EU-Fördermitteln (LVZ/DNN, 21.12.09) erklärt Gisela Kallenbach, europapolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag und ehemalige Europa-Abgeordnete:
"Der Umgang von Sachsens Staatsregierungen mit EU-Fördermitteln ist ein Trauerspiel. Seit Jahren beobachte ich mit Missfallen, dass in Sachsen Landtagsabgeordnete, Wirtschafts- und Sozialpartner sowie Vertreter der Nichtregierungsorganisationen entgegen den Vorgaben aus Brüssel von der Staatsregierung so wenig wie möglich an der Planung und Umsetzung der Strukturfondsmittel beteiligt werden."
"Dieser schlechte Regierungsstil aus mangelnder Beteiligung und fehlender Transparenz gipfelt in dem Verfall von EU-Mitteln. Fördermittel sind Steuermittel der Bürgerinnen und Bürger und nicht die Privatschatulle der gerade agierenden Minister."
"Fördermittel korrekt einzusetzen und gleichzeitig flexibel auf neue Bedingungen reagieren zu können, ist nicht einfach, wenn man die Zügel fest in Dresdner Händen behalten will. Ich empfehle Herrn Morlok, die Handlungsspielräume zu nutzen, die die EU gibt. So ist es ausdrücklich gewollt, dass Fördermittel für die Stadtentwicklung an die Kommunen übertragen werden. Sachsen sollte diese Chance mutig nutzen und den Kommunen bei der Programmumsetzung mehr vertrauen."
"Ich habe mich schon im Europäischen Parlament dafür eingesetzt, dass der Umgang mit Fördermitteln ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wird – von der Beteiligung an der Planung bis zur Veröffentlichung der ausgereichten Fördermittelempfänger. Ich werde das auch im Landtag wieder auf die Tagesordnung setzen, auch wenn es ab 2014 weniger Fördermittel geben wird."
"Andere Bundesländer wie Thüringen und Brandenburg demonstrieren, wie man mit ESF-Mitteln Arbeitsmarktpolitik macht. Dass die CDU-SPD-Koalition die Chancen des Europäischen Sozialfonds nicht nutzen wollte, ist für mich vor allem ein Ausdruck von politischem Unwillen und Unvermögen. Die Unterstützung von Bildung und Weiterbildung nutzt letztlich den Unternehmen, wenn sie qualifizierte Arbeitnehmer einstellen können."
"Dass der Abfluss von EFRE-Fördermitteln an Unternehmen wegen der Wirtschaftskrise erschwert sein soll, ist – gelinde gesagt – überraschend. Wenn es dort Probleme gibt, muss Wirtschaftsminister Sven Morlok hier mit seinem Haus gegensteuern. Warum das nicht möglich ist, sollte Herr Morlok öffentlich erklären."

Hintergrund:
Die GRÜNE-Fraktion hatte wegen der Verletzung der Budget-, Informations- und Beteiligungsrechte des Landtags bei der Entscheidung über die Verwendung der EU-Mittel im Oktober 2006 eine Verfassungsklage gegen die sächsische Staatsregierung eingereicht.
Der Sächsische Verfassungsgerichtshof hatte der GRÜNEN-Fraktion in seinem Urteil teilweise Recht gegeben.
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