Datum: 05. Februar 2010

PM 2010-028: 13. Februar – Will die Dresdner Stadtverwaltung den Naziaufmarsch am Deportationsort der Dresdner Juden genehmigen?

Zur Absicht der Stadtverwaltung Dresden und der Polizeiführung des Freistaates Sachsen, den Neonazis am 13. Februar einen Aufmarsch am Bahnhof Dresden-Neustadt zu genehmigen, erklärt Johannes Lichdi, rechtspolitischer Sprecher der GRÜNEN-Landtagsfraktion:
"Wie kann denn ein Naziaufmarsch an dem Ort, an dem die Nazis Dresdner Juden in die Vernichtungslager nach Polen abtransportiert haben, genehmigt werden?", ist Lichdi empört.
"Ich verlange von der Dresdner Stadtverwaltung, dieses Vorhaben sofort aufzugeben", so Lichdi. "Wie kann dieser Versammlungsort nicht die Würde der Opfer verletzen?"
"Ich fordere Justizminister Dr. Jürgen Martens und Innenminister Markus Ulbig auf, Stellung zu nehmen, ob sie dieses Vorgehen der Stadt Dresden mit dem neuen Versammlungsgesetz für vereinbar halten."
 
"Lügen haben kurze Beine. Keine zwei Wochen nachdem CDU und FDP ein neues Versammlungsgesetz im Landtag verabschiedet haben, wird deutlich, dass es der Regierungskoalition nicht um den Schutz der Menschenwürde der Opfer des Nationalsozialismus geht."

Hintergrund:
Die Stadtverwaltung teilte Anmeldern von Versammlungen auf der Neustädter Elbseite mit, dass aufgrund eines angeblichen ‚Trennungsgebots‘ die Anmeldung <<nicht bestätigt>> werden könne. Dies ist so auch dem Abgeordneten Johannes Lichdi, der für den 13.2., 10 Uhr, eine Versammlung am Albertplatz angemeldet hatte, mitgeteilt worden.
Ende Januar verabschiedete der Landtag mit den Stimmen von CDU und FDP ein Versammlungsgesetz, dass es erlauben sollte, Nazidemos an Orten, an denen Verfolgte des NS-Regimes gelitten haben, zu verbieten, wenn diese Demo die Würde dieser Opfer verletzt. Diese Verbotsmöglichkeit ist ausdrücklich nicht auf den Innenstadtbereich um die Frauenkirche beschränkt.
Seit einigen Jahren ist am Eingang des Bahnhofs Dresden-Neustadt eine Gedenkplatte für die deportierten und ermordeten Juden angebracht.
Im neuen Versammlungsgesetz heißt es doch unter § 15:
"(2) Eine Versammlung oder ein Aufzug kann insbesondere verboten oder von bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden, wenn 1. die Versammlung oder der Aufzug an einem Ort von historisch herausragender Bedeutung stattfindet, der an
 a) Menschen, die unter der nationalsozialistischen oder der kommunistischen Gewaltherrschaft Opfer menschenunwürdiger Behandlung waren (.) erinnert (.) usw."
Der Bahnhof Neustadt aber IST genau so ein Ort … Die Inschrift lautet: "Im Nationalsozialismus war der Güterbahnhof Dresden-Neustadt Ausgangspunkt oder Zwischenstation für viele Deportationen von jüdischen Frauen, Männern und Kindern. Im Oktober 1938 begann hier die Abschiebung von 724 Dresdner Juden nach Polen. Mit Zügen der Deutschen Reichsbahn erfolgte zwischen 1942 und 1944 ein großer Teil der Transporte in die Gettos Riga und Theresienstadt, in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau sowie in andere Konzentrationslager."