Datum: 18. Mai 2010

PM 2010-151: Jugendmedienschutz-Staatsvertrag darf Freiheit der Kommunikation im Internet nicht unverhältnismäßig einschränken – Beratung am Mittwoch im Landtag

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag will mit ihrem Antrag ‚Jugendmedienschutz-Staatsvertrag‘ (Drs. 5/2327) verhindern, dass die Freiheit von Information und Kommunikation im Internet durch den neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag unverhältnismäßig eingeschränkt wird. Der Antrag steht am Mittwoch auf der Tagesordnung des Landtags (TOP 11).
"Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag soll Regelungen schaffen, die verhindern, dass Kinder im Internet mit Inhalten konfrontiert werden, die für ihr jeweiliges Alter ungeeignet sind. Leider ist völlig unklar, welche Konsequenzen daraus für die Anbieter privater Homepages, für Blogger, Twitterer und Nutzer von Internetforen erwachsen", kritisiert Miro Jennerjahn, netzpolitischer Sprecher der Fraktion. "Es kann nicht von jedem Nutzer des Web 2.0 verlangt werden, Alterskennzeichnungssysteme zu installieren."
"Die Logik des Fernsehens kann nicht einfach auf das Internet übertragen werden", so Jennerjahn. "Jeder weiß, dass nationale Insellösungen in einem internationalen Medium nicht greifen. Im Internet kann es keine Sendezeiten geben, da es nicht an Zeitzonen gebunden ist."
"Wir stehen erst am Anfang der Debatte, wie wirksamer Jugendschutz im Internet funktionieren kann, ohne dass eine Zensur-Infrastruktur aufgebaut wird", erläutert der Abgeordnete. "Deshalb wollen wir zu diesem Zeitpunkt keinen Scheinlösungen zustimmen, sondern die Diskussion über alternative Wege wie der Stärkung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen eröffnen."
"Die Staatsregierung darf keinen Regelungen zustimmen, die die Meinungs- und Ausdrucksfreiheit von Webseiten-Autoren, Bloggern oder den Nutzern von Internetforen einschränken könnten."
"Die Debatte über einen wirksamen Jugendmedienschutz im Internet ohne Zensur als Kollateralschaden ist aber wichtig. Deshalb beschränken wir uns nicht wie die LINKE auf die pauschale Ablehnung eines aktuellen Entwurfs, der noch überarbeitet werden kann", so Jennerjahn.
"Da unsere Bedenken auch in den anderen Parteien, inklusive CDU und FDP, geteilt werden, sind wir optimistisch, dass der Landtag unserem Antrag mehrheitlich zustimmen wird." » Grüner Antrag ‚Jugendmedienschutz-Staatsvertrag‘ (Drs. 5/2327)

Hintergrund:
Am 25. März 2010 einigte sich die Ministerpräsidentenkonferenz auf einen neuen Entwurf des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV). Dieser soll im Juni unterzeichnet und anschließend den Landtagen zur Ratifizierung vorgelegt werden. Am 1. Januar 2011 soll der neue JMStV in Kraft treten.
Der vorliegende Entwurf hat parteiübergreifend Kritik erfahren. Beispielsweise wurde er in einer Anhörung des Medienausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses von Vertretern aller Fraktionen kritisiert. Kritik wurde auch von CDU-Medienpolitikern geäußert. Der FDP-Bundesparteitag Ende April hat die pauschale Ablehnung des neuen JMStV beschlossen.
» Zur Anhörung im Berliner Angeordnetenhaus

Beispiele für Kritik aus der CDU:
» CDU-Fraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommern
» Abgeordnetenwatch Thomas Jarzombek