Datum: 19. November 2010

PM 2010-349: GRÜNE: Forschungsarbeit eines ehemaligen IM zur Staatssicherheit ist unglaubliche Provokation

"Die Zusammenarbeit mit der Stasi war in der DDR ein absolutes Tabu. Niemand musste diese Grenze überschreiten – auch nicht, um seine Ausreise in den Westen zu erwirken", erklärt Karl-Heinz Gerstenberg, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, zur früheren IM-Tätigkeit von Michael Richter, Mitarbeiter am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung.
Im Detail zu bewerten sei eine solche Tätigkeit nur in einer Abwägung nach Kenntnis der Stasi-Akten. 250 Seiten Akten in zwei Jahren IM-Arbeit und die bekannt gewordenen Details sprächen jedoch für eine hohe Energie, die weit über eine erzwungene Pflichtleistung hinaus ging. Auf der anderen Seite der Waagschale lägen die Selbstenttarnung nach der Ausreise aus der DDR und die anerkannte wissenschaftliche Leistung aus den vergangenen zwei Jahrzehnten.
"Leider hat Michael Richter nie den Mut besessen, die dunkle Seite seines Lebens offenzulegen. Wenn gerade er dann Mitte der 90er Jahre über die Staatssicherheit publiziert, dann ist das eine unglaubliche Provokation."
"Ins Zentrum der Kritik gehört das damalige Kuratorium des Instituts mit dem ehemaligen Wissenschaftsminister Matthias Rößler als Vorsitzenden. Es muss offengelegt werden, wie es trotz Kenntnis der IM-Tätigkeit zu der Einstellungsentscheidung kam."
"Wer einen Mitarbeiter als Totalitarismusforscher beschäftigt, der zwölf Jahre vorher selbst Teil eines totalitären Unterdrückungsapparates war, muss sich politische Blindheit vorwerfen lassen."
"Die offensichtliche Hoffnung, all das ließe sich unter der Decke halten, zeugt von mangelnder Verantwortung gegenüber dem wissenschaftlichen Ruf des Institutes."
Zur Aufklärung hätte ein Blick auf einen Eingang der TU Dresden wenige Meter neben dem Hannah-Arendt-Institut genügt. Über dem prangt der Spruch: "Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonnen".