PM 2010-393: GRÜNEN kritisieren Kooperation zwischen Kultusministerium und Bundeswehr
Zur heutigen Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung über eine engere Zusammenarbeit zwischen Schule und Bundeswehr in Sachsen durch Kultusminister Prof. Roland Wöller und Generalmajor Heinrich Geppert erklärt Annekathrin Giegengack, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Viele der heutigen Eltern und Großeltern haben die Allgegenwart der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR in Kindergarten und Schule, Wehrkundeunterricht und Wehrlager noch schlecht in Erinnerung. Kultusminister Wöller zeigt durch die Unterzeichnung der Kooperation mit der Bundeswehr einmal mehr sein fehlendes Gespür im Umgang mit Eltern aber auch mit Lehrerinnen und Lehrern."
"Bildungsarbeit an Schulen gehört in die Hände von Pädagogen. Ihre Aufgabe ist es, politische Sachverhalte und Zusammenhänge – auch zur Sicherheitspolitik – kontrovers und differenziert darzustellen. Jugendoffiziere der Bundeswehr werden dem Gebot der Ausgewogenheit und Neutralität etwa in Bezug auf Auslandseinsätze nicht nachkommen können. Wenn sie eine exklusive Bühne im Klassenzimmer erhalten, werden die Ansichten der Bundeswehr in den Rang regulärer Lehrinhalte erhoben."
"Wir sprechen uns daher gegen diese Kooperationsvereinbarung aus. Der Minister muss aber wenigstens sicherstellen, dass keine Schülerin und kein Schüler zur Teilnahme an Veranstaltungen mit Bundeswehrangehörigen gezwungen wird. Das Grundgesetz garantiert Eltern das Recht zur selbständigen Erziehung ihrer Kinder im Hinblick auf moralische Werte. Daher ist der Staat zu Neutralität und Toleranz gegenüber den erzieherischen Vorstellungen der Eltern verpflichtet."*
"Ebenso wenig dürfen Lehrerinnen und Lehrer zur Durchführung von Veranstaltungen mit der Bundeswehr gezwungen werden. Lehrkräfte müssen souverän entscheiden können, inwiefern sie externen Sachverstand in ihren Unterricht einbeziehen. Ihnen muss es freigestellt sein, ob sie parallel zur Bundeswehr auch Friedensorganisationen in den Unterricht einladen."
* Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21.4.1989, AKZ 1 BvR 235/89