Datum: 17. August 2011

PM 2011-253: Sind Sachsens Polizeiposten bald nur noch Kulisse? Von 85 sind 30 in diesem Jahr nicht mehr regelmäßig besetzt

Von den 85 sächsischen Polizeiposten sind in diesem Jahr 30 Posten nicht mehr regelmäßig mit Personal besetzt. Das sind 20 Polizeiposten mehr als im Vorjahr. Insgesamt wurden die Präsenzzeiten in 43 Polizeiposten sachsenweit eingeschränkt. Dies ergab eine Kleine Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Eva Jähnigen.
"Ich finde diese Entwicklung besorgniserregend. Insbesondere in der Fläche bedeutet dies einen massiven Rückgang der Polizeipräsenz und damit einen Verlust von Bürgernähe", so Jähnigen.
"Insbesondere im Bereich der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien  wurden sämtliche festen Präsenzzeiten gestrichen. So war etwa der Polizeiposten Wilthen im vergangenen Jahr noch Montag bis Freitag von 6 bis 16 Uhr besetzt, jetzt gibt es dort keine festen Präsenzzeiten mehr."
"Die Polizeiposten werden in Sachsen nach und nach zu ‚Briefkastenfirmen‘ degradiert", befürchtet nun die Abgeordnete.
"Wenn Innenminister Markus Ulbig (CDU) mit seiner Polizeireform ‚Polizei.Sachsen.2020‘ weitere 31 Polizeireviere zu Polizeiposten herabstufen will und bereits heute mehr als ein Drittel der Posten nicht regelmäßig besetzt sind, darf er den Bürgern nicht vorgaukeln, dass auch nach seiner Reform alle Polizeistandorte erhalten bleiben."
In der Antwort auf eine weitere Kleine Anfrage von Jähnigen hatte Ulbig mitgeteilt, dass auch nach dem Organisationskonzept keine Polizeistandorte aufgegeben werden sollen.
"Ich habe mich schon gefragt, wie dies bei einem Abbau von 2.700 Stellen funktionieren soll. Wenn man die Polizeiposten nicht besetzt, geht das natürlich. Deutlich wird aber vor allem, dass Ulbig nicht ganz ehrlich ist: Ein Polizeistandort ohne Polizei ist kein Standort, sondern Kulisse."
"Ich fordere Innenminister Ulbig nochmals auf, die Polizeireform transparent zu machen, an die Bedürfnisse der Bürger anzupassen und bei der Standortauswahl und -besetzung darauf zu achten, dass sich die Bürgerinnen und Bürger im Ernstfall auf ein schnelles Eintreffen der Polizei vor Ort verlassen können."
Hintergrund:
Die sächsische Polizei untergliedert sich in 7 Polizeidirektionen. Die örtlichen Zuständigkeiten ergeben sich aus der Polizeiorganisationsverordnung. Den Polizeidirektionen sind insg. 71 Polizeireviere (Kategorie I und II) unterstellt. Die Polizeireviere wiederum unterhalten sog. Polizeiposten. Diese sind im Gegensatz zu den Polizeirevieren nicht rund um die Uhr besetzt, sondern "zum Teil besetzt zu individuell festgelegten Präsenzzeiten". Siehe dazu die Verwaltungsvorschrift Polizeiorganisation (SächsABl. 2009, S. 69 ff). Insgesamt gibt es sachsenweit 85 Polizeiposten (Siehe Kleine Anfrage).
» Kleine Anfrage "Polizeidienststellen – Stellenausstattung 2011" (Drs. 5/6393)
» Kleine Anfrage "Polizeistandorte nach dem Organisationskonzept "Polizei.Sachsen.2020"" (Drs. 5/6394) » GRÜNER Antrag zu Interventionszeiten (Drs. 5/5053)