Datum: 29. September 2011

PM 2011-299: Innenminister muss Organisationsprojekt „Polizei.Sachsen.2020“ verschieben – Analyse zu Blaulichteinsätzen fehlt

Zu dem für Donnerstag angekündigtem Feinkonzept zum Projekt "Polizei.Sachsen.2020" von Innenministers Markus Ulbig (CDU) erklärt Eva Jähnigen, innenpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
"Bereits jetzt – also ohne den geplanten Stellenabbau von gut 3.000 Stellen – vergehen bis zum Eintreffen der Polizei bei Gefahr für Leib und Leben, (Körperverletzung, Tod, Suizid, Bedrohung, häuslicher Gewalt und Belästigung) durchschnittlich 24 Minuten. Dies musste ich den Antworten des Innenministers auf meine Kleine Anfragen entnehmen."
Danach gab es an zwei durchschnittlichen Tagen in 18 Polizeirevieren und
-posten in Sachsen insgesamt 25 Vorkommnisse mit Gefahr für Leib und Leben. Im günstigsten Fall vergingen zwischen Anruf und Eintreffen der Polizei vor Ort (=Interventionszeit) acht Minuten, im schlimmsten Fall über eine Stunde.
"Das ist eindeutig zu lang, wenn jemand Opfer von Gewalt geworden ist", so die Abgeordnete. "Der Innenminister muss das ‚Organisationsprojekt‘, das als Deckmantel für Stellenabbau und die Schließung von Revieren dienen soll, verschieben. Bevor hier weiter geplant wird, muss das Innenministerium eine genaue Analyse der Interventionszeiten bei allen Polizeieinsätzen mit Blaulicht, also bei Gefahr für Leib und Leben, vornehmen."
"Zudem muss der Innenminister endlich erläutern, wie er sich die künftigen Stellenausstattungen und Besetzungen der Polizeiposten vorstellt. Sollte er daran festhalten, weitere 31 Polizeireviere zu Polizeiposten zu degradieren, besteht die große Gefahr, dass diese bald nicht mehr durchgängig mit Personal besetzt sind. Das ist heute bei einem Drittel der bislang bestehenden Polizeiposten schon der Fall", so Jähnigen.

Hintergrund:
Den sächsischen Polizeidirektionen sind derzeit insgesamt 71 Polizeireviere unterstellt. Die Polizeireviere wiederum unterhalten sog. Polizeiposten. Insgesamt gibt es zur Zeit 85 Polizeiposten.
Unter den Drs. 5/6396 bis 5/6412 wurden die Polizeipräsenz und Interventionszeiten in 18 Polizeirevieren und -posten an zwei beliebig ausgewählten Tagen – dem 25.6.2011 (Sonnabend) und dem 4.7.2011 (Montag) erfragt. Die kürzeste Interventionszeit hatte die Polizei am 25.6.2011 in Leipzig-Südwest bei einem Fall von häuslicher Gewalt (Drs 5/6402). Am längsten brauchte sie bei einem Fall von Körperverletzung am 4.7.2011 in Chemnitz-Ost (Drs 5/6398).
Innenminister Ulbig hatte im März 2011 mitgeteilt, dass über Interventionszeiten in Sachsen keine Statistiken geführten werden (Drs 5/5053). » Grüner Antrag "Interventionszeiten bei der sächsischen Polizei" (Drs. 5/5053)