Datum: 29. September 2011

PM 2011-301: Repowering-Studie – GRÜNE wollen mit modernen Anlagen den Windstromanteil in Sachsen auf mindestens 30 Prozent bis 2020 erhöhen

Mit modernen Anlagen will die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag die Stromerzeugung aus Windkraft in Sachsen deutlich steigern.
Ihre dazu in Auftrag gegebene Studie wurde heute in Dresden vorgestellt.
"Ministerpräsident Stanislaw Tillich muss das Ausbauziel für erneuerbare Energien von 33 Prozent auf 75 Prozent erhöhen", fordert Johannes Lichdi, energiepolitischer Sprecher der Fraktion. "Sachsen gehört bisher leider nicht zu den Vorreitern in Sachen erneuerbare Energien und lag im deutschlandweiten Ranking 2010 nur auf dem elften Platz der Bundesländer. Der stockende Ausbau der Windkraft in Sachsen muss enorm beschleunigt werden."
Das Repowering-Potenzial, also der sinnvolle Ersatz von alten Windenergieanlagen (WEA) durch neue, verspricht eine Steigerung des Windenergieanteils am in Sachsen verbrauchten Strom von 7,2 Prozent (Ende 2010) auf 12,4 Prozent bis zum Jahr 2020.
Das kann laut der Studie durch den Ersatz von 501 alten WEA (60,2 Prozent aller WEA in Sachsen mit 40,8 Prozent der Leistung – Stand 2010) durch 240 Anlagen der neuesten technologischen Generation und die verbleibenden Altanlagen erreicht werden.
"Mit Repowering allein ist die Energiewende aber nicht zu schaffen. Dafür müssen wenigstens 30 Prozent des Stromes aus Wind erzeugt werden. Dafür sind etwa 200 zusätzliche WEA der 3-MW-Klasse notwendig", so Lichdi.
"Unter heutigen technologischen Bedingungen sind nur 0,74 Prozent der Landesfläche notwendig, um einen äquivalenten Windstromanteil von bis zu 32 Prozent zu realisieren. Nach der Fraunhofer-IWES-Studie 2011 sind in Sachsen aber 1,5 Prozent der Gesamtfläche für den Windenergieausbau geeignet. Eine verbleibende Flächenreserve von 0,75 Prozent steht also für einen weiteren Ausbau der Windenergie nach 2020 zur Verfügung."
"Mit der Studie wollen wir den Weg für einen gesellschaftlichen Konsens zwischen Windenergienutzung einerseits und Landschafts- und Naturschutz andererseits ebnen. Eigentlich ist das die Aufgabe von Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) und Umweltminister Frank Kupfer (CDU). Aber von ihnen sind leider keine Initiativen zu erwarten."
Lichdi fordert, dass der Landesentwicklungsplan und die Regionalpläne innerhalb des nächsten Jahres auf das Ausbauziel Wind von 30 bis 50 Prozent im Jahre 2020 ausgerichtet werden sollte. Dabei sind generelle Höhenbeschränkungen für die Anlagen abzuschaffen.
Die GRÜNE-Fraktion tritt für eine Bündelung der Windkraftanlagen und gegen Wildwuchs ein. "Der Nationalpark, FFH- und SPA-Gebiete sowie NSG sind für uns Wind-Taburäume. Repowering bietet auch die Chance, alte Anlagen an falschen Standorten rückzubauen", so der Abgeordnete. "Auch aus Gründen des Landschaftsschutzes muss es Tabuzonen geben. Andererseits sind höhere Anlagen für Vögel und Fledermäuse weniger störend. Richtige Standortwahl, Betriebsmanagement mit zeitweisen Abschaltungen und Ausgleichsmaßnahmen können die Bedrohung für die Tierwelt drastisch reduzieren. Eine Öffnung des Waldes – wie in der vorliegenden Studie betrachtet – wollen wir GRÜNEN erst dann prüfen, wenn sonst keine ausreichenden Flächen zur Verfügung stehen."
Wenn die Kommunen und die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig in einem strukturierten Prozess eingebunden werden, befürchtet Lichdi keine Akzeptanzprobleme für die Vorschläge. "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mit diesem transparenten Vorgehen auch bisherige Windenergie-Gegner kompromissbereit werden", so der Abgeordnete. "Wir werden als GRÜNE das Gespräch mit der Bürgerschaft vor Ort weiterhin suchen."
Erarbeitet wurde die Studie von der Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien in Sachsen (VEE). Die naturschutzfachliche Arbeit leistete das Landschaftsplanungsbüro MILAN (Halle).
weitere Informationen:
» Skript des Autors Hans-Jürgen Schlegel zur Pressekonferenz
» Repowering-Studie des VEE
» Anlage 1 (Windenergie-Anlagen in Sachsen)
» Anlage 2 (Karten zu Repowering in Sachsen; lokal)
» Anlage 3
» Anlage 4 (Vorrang- und Eignungsgebiete, naturschutz-/artenschutzrechtliche Kriterien)
» Anlage 5 (naturschutzfachliche Kriterien)
» Anlage 6 (Ökologische Abstandskriterien)
» Anlage 7 (Waldfunktionen und Auswirkungen auf Genehmigungsfähigkeit von Windanlagen)

Hintergrund:
Mit der vorliegenden Studie habnen die Autoren das sächsische Repowering-Potenzial flächendeckend untersucht und bewertet. Gemeinden und ihre Bürgerinnen und Bürger sollen erfahren, dass die Windenergie auch zu einem unmittelbaren finanziellen Nutzen durch Gewerbesteuereinnahmen in den Kommunen beiträgt. Der Bürgerschaft kann die Angst vor einer ‚Verspargelung‘ der Landschaft genommen werden. Aufklärung, Abbau von Konflikten, Versachlichung der Diskussion durch frühe Einbeziehung der Gemeinden und ihrer Bürgerinnen und Bürger gehören zu den Zielen dieser Studie.
Die Leistung einer ‚binnenlandoptimierten‘ 2-MW-WEA vervierfacht sich gegenüber der klassischen 500 kW-WEA; der Stromertrag steigt auf das Sechsfache. Erfolgt der Austausch der alten WEA gegen ‚binnenlandoptimierte‘ 3-MW-WEA der zweiten Generation, steigt die Leistung auf das Sechsfache und der Stromertrag auf das Neun- bis Zehnfache.
Der Anteil der Erneuerbaren Energien betrug im Jahr 2010 ca. 18 Prozent des sächsischen Strombedarfs. Der Windanteil lag bei ca. sieben Prozent oder rund 1500 Gigawattstunden (GWh), die in 832 Windenergieanlagen (WEA) erzeugt wurden. Die CDU/FDP- Staatsregierung will bis 2020 lediglich einen Anteil der erneuerbaren Energien von insgesamt 33 Prozent erreichen. Das bisherige offizielle sächsische Repowering-Ziel bis 2020 liegt bei gerade einmal 560 GWh/a oder 2,5 Prozent des Stromverbrauchs.
In Sachsen wurden mit Stand 31.12.2010 insgesamt 832 Windenergieanlagen (WEA) mit einer Gesamtleistung von rund 963 MW betrieben.