Datum: 29. September 2011

PM 2011-307: GRÜNE fordern bessere staatliche Finanzierung der Studentenwerke

Die GRÜNE-Fraktion im Sächsischen Landtag fordert eine bessere finanzielle Ausstattung der Studentenwerke. Experten hatten heute bei der Anhörung im Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule zu einem Antrag der GRÜNEN-Fraktion einhellig die niedrige Finanzausstattung in Sachsen kritisiert.
"Die Studentenwerke leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum sozialen Studieren in Sachsen. Umso unverständlicher ist das stetig sinkende Engagement des Freistaats bei deren Finanzierung", erklärt Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion.
"Sachsen finanziert die Studentenwerke mit dem niedrigsten Pro-Kopf-Betrag aller Bundesländer. Es ist ein Armutszeugnis für die CDU/FDP-Koalition, wenn Experten feststellen müssen, dass Sachsen bundesweit am wenigsten für die sozialen Rahmenbedingungen des Studiums ausgibt."
Dr. Andrea Diekhof, Geschäftsführerin des Leipziger Studentenwerks, zufolge ist die Finanzierung der Studentenwerke in den letzten Jahren immer problematischer geworden:
"Seit 2004 leisten die Studierenden einen größeren Beitrag zur Finanzierung als der Freistaat, in diesem Jahr ist es das Doppelte."
Ebenso wie Diekhof kritisierte der Geschäftsführer des Dresdner Studentenwerks Martin Richter die Ungleichbehandlung der Studentenwerke gegenüber den öffentlichen Kantinen: "Anders als Kantinenbetreiber müssen die Studentenwerke sämtliche Betriebskosten und Bauinvestitionen selbst tragen. Die Kosten dafür liegen längst über den öffentlichen Zuschüssen – faktisch findet deshalb derzeit keine Stützung der Essen durch den Freistaat statt."
Ein weiteres Problem ist die Sanierung von Wohnheimen.
"Gemessen an den Ablehnungen von Bewerbern fehlen 830 Wohnheimplätze in Dresden", so Martin Richter. Da keine Zuschüsse des Landes fließen und Eigenmittel für die notwendigen Sanierungen in den nächsten zehn Jahren nicht vorhanden sind, seien Kreditaufnahmen notwendig. Die Inanspruchnahme von KfW-Förderprogrammen wurde von der Staatsregierung bis jetzt nicht genehmigt.
Der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks Stefan Grob unterstützte die Stoßrichtung des grünen Antrags. Ihm zufolge liegt der durchschnittliche Semesterbeitrag der Studierenden mit knapp 60 Euro in Sachsen fünf Euro über dem Bundesschnitt. In Bayern liegt er bei 40 Euro. "Höhere Semesterbeiträge verschlechtern die Chancen junge Menschen für ein Studium zu gewinnen", so Grob. "Andere Landesregierungen wie NRW erhöhen die Zuschüsse für die Studentenwerke um 10 Prozent, in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ist ähnliches geplant."
Die Experten wiesen darauf hin, dass das Aufgabenspektrum der Studentenwerke längst über die Mensenversorgung und den Wohnheimbetrieb hinaus gewachsen ist. Insbesondere die psychosoziale Beratung sei in Zeiten des Bologna-Prozesses wichtiger geworden und nehme auch bei leistungsstarken Studierenden zu.
Die Experten unterstützten einhellig die Forderung des grünen Antrages nach dem Abschluss von Zielvereinbarungen, wie sie in Berlin und Sachsen-Anhalt bereits existieren. Martin Richter führte aus: "Zielvereinbarungen sind grundsätzlich sinnvoll. Sie müssen aber echte Vereinbarungen auf Verhandlungsbasis sein." Dabei wurde empfohlen, die Hochschulentwicklungsplanung mit der Entwicklung der sozialen Infrastruktur abzustimmen.
Die Vertreter der Studentenwerke warnten vor einer vollständigen Absenkung des Zuschusses. Der Vorsitzende des Verwaltungsrates des Leipziger Studentenwerkes, Mathias Becker: "Bei einem Nullzuschuss würde sich der Semesterbeitrag verdreifachen bis vervierfachen. Alternativen wären nur drastische Einschränkungen wie die Schließung von weniger rentablen Standorten oder das Personal auf Verschleiß zu fahren."
Andrea Diekhof zufolge können Mensenpreise aufgrund der Gefahr sinkender Auslastung nicht weiter erhöht werden. Bei Standortschließungen kann der Versorgungsauftrag nicht mehr erfüllt werden.
Karl-Heinz Gerstenberg sieht die Forderungen des Antrages voll bestätigt: "Durch das schwindende finanzielle Engagement des Freistaats stoßen die Studentenwerke an ihre Belastungsgrenzen. Mit dieser Entwicklung muss im kommenden Haushalt Schluss gemacht werden. Die Studentenwerke müssen in die Lage versetzt werden, nachhaltig zu wirtschaften und verstärkt Beratungsdienstleistungen und zusätzliche Kinderbetreuung anzubieten."
Gerstenberg fordert, dass der Freistaat mit den Studentenwerken Zielvereinbarungen über die Finanzierung und die dafür zu erbringenden Leistungen abschließt: "Was sich bei Hochschulen im Prinzip bewährt hat, ist auch für die Studentenwerke richtig. Wer die Leistungsstärke der Studentenwerke erhöhen will, muss ihre Arbeit berechenbar gestalten." » Antrag "Studentenwerke langfristig sichern – Zielvereinbarungen über Zuschüsse und zukünftige Entwicklung abschließen"