PM 2011-340: Drohende Streckenstilllegungen der Bahn in Sachsen? – GRÜNE fordern Ministerpräsidenten zu Verhandlungen mit der Deutschen Bahn auf
Wegen der Überlegungen der Deutsche Bahn AG sich aus Teilen des sächsischen Schienenetzes zurückzuziehen, fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag das Eingreifen des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU).
Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) hatte jüngst auf entsprechende Fragen der Abgeordneten Eva Jähnigen (GRÜNE) nur ausweichende Antwort gegeben.
Zwischen Döbeln und Meißen will die Deutsche Bahn eine Strecke stilllegen auf der sie selbst Nahverkehr fährt.
"Ministerpräsident Tillich muss schnellstens mit der Deutschen Bahn über eine Ausbau- und Finanzierungsstrategie für die sächsischen Bahnstrecken verhandeln. Alle strategisch wichtigen Abschnitte müssen für die Zukunft gesichert werden", fordert Eva Jähnigen, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion.
Die Abgeordnete verweist auf die Chancen durch steigende Fahrgastzahlen in ganz Sachsen – trotz Preiserhöhungen sowie den Pleiten und Pannen der Deutsche Bahn.
"Sachsen braucht eine Bahn-Offensive und keine Streckenstilllegungen. Die Wirtschaftlichkeit des Restnetzes droht durch das Aufreißen von Lücken erfahrungsgemäß zu sinken. Stattdessen braucht die Bahnstrecke ein besseres Entwicklungskonzept mit einheitlichen Tarifen und gutem Marketing. Dazu sollte die DB AG als öffentliches Unternehmen beitragen, anstelle den Bemühungen um Erhalt des Abschnittes den Boden unter den Füßen wegzuziehen."
Jähnigen sieht auch eine beträchtliche Mitschuld der Staatsregierung an der Entwicklung. "Wer die ÖPNV-Mittel drastisch kürzt, einen Rückzug der Bahn in der Fläche das Wort redet wie Minister Morlok und über den notwendigen Erhalt des Streckennetzes nicht einmal nachdenken will, provoziert solche Reaktionen. Die Regierung muss bei der ÖPNV-Finanzierung ihren Sparkurs verlassen und die Zuweisungen im Doppelhaushalt 2013/14 wieder erhöhen."
"Das Vorgehen der Bahnspitze ist ebenso aber unakzeptabel. Beim Besuch von Bahnchef Dr. Rüdiger Grube im sächsischen Landtag Anfang Juni 2011 hat dieser keine Finanzierungsprobleme für das sächsische Netz signalisiert. Dass die Deutsche Bahn nun hinter dem Rücken des Parlaments Streckenstilllegungen vorbereitet und den seit Jahr und Tag zugesagten Lückenschluss von Sebnitz nach Tschechien wieder in Frage stellt, ist ein Affront. Die Bahn sollte in Verhandlungen mit der Staatsregierung die Karten auf den Tisch legen."
» Antwort von Wirtschaftsminister Sven Morlok auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Jähnigen in der Landtagssitzung am 13. Oktober zu drohenden Streckenstilllegungen der Bahn
Hintergrund:
Internen Ankündigungen zufolge will die DB AG derzeit schwach genutzte Bahnstrecken aus ihrem Netz ausgliedern.
Betroffen sind Teile der Strecke Leipzig-Döbeln-Nossen-Meißen sowie – wie zu hören ist – eine nicht näher bezeichnete Strecke im Vogtland. Der seit Jahren über Sebnitz nach Dolni Poustevna (Tschechien) geplante Lückenschluss steht nach Presseinformationen ebenso in Frage. In der Antwort auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Jähnigen in der Landtagssitzung am 13. Oktober verweist der Verkehrsminister auf die angeblich noch nicht direkt anstehende Schließung und den gestellten Antrag des Freistaates auf Finanzierung des Lückenschlusses von Sebnitz nach Tschechien.
Hintergrund der Überlegungen der Bahn soll die bisherige Weigerung der Staatsregierung sein, nach Wegfall der so genannten Regionalisierungsfaktoren neue Verhandlungen um die Art und Weise der Finanzierung des sächsischen Schienennetzes zu beginnen.
Die Regionalisierungsfaktoren (Trassenpreise) waren als Ausgleich für Betrieb und Instandhaltung des Bahnnetzes gedacht und wurden von der Bundesnetzagentur wegen intransparenter Berechnungsweise 2010 für nichtig erklärt.
Andere Bundesländer verhandeln mit der Bahn um einen neuen, transparenteren Finanzierungsausgleich und Refinanzierungssicherheiten in das lokale Gleisnetz. Die sächsische Regierung hat das bisher abgelehnt und die Gelder für den Betrieb des Öffentlichen Verkehrs in Höhe der weggefallenen Regionalisierungsgelder im Staatshaushalt gekürzt.