Datum: 07. Februar 2012

PM 2012-036: Neue EU-Verordnung: Wenn Kommission Wettbewerb beeinträchtigt sieht, will sie regionale und nationale Nachtflugverbote temporär aussetzen

Gisela Kallenbach, umweltpolitische Sprecherin der GRÜNEN-Landtagsfraktion in Sachsen, sieht die Pläne der EU-Kommission, Betriebszeitbeschränkungen auf Flughäfen temporär aufzuheben, wenn sie den Wettbewerb beeinträchtigen, äußerst kritisch. Dass die Kommission außerdem die Kosteneffizienz für die Airlines zum zentralen Kriterium bei der Entscheidung über Lärmschutzmaßnahmen erheben will, die wahren Kosten des Fluglärms durch Krankheit, Arbeitsausfall und Wertminderung von Immobilien aber unerwähnt bleiben, ärgert sie maßlos.
"Der Schutz der Bevölkerung vor Verkehrslärm ist ein zentrales Anliegen grüner Verkehrspolitik und wird mittlerweile auch in der europäischen Debatte als dringendes Anliegen erkannt. Gerade deshalb bin ich vom aktuellen EU Kommissionsvorschlag zu Fluglärm schwer enttäuscht", so Kallenbach.
"Jedem Bürger in der EU sollte ein Mindestmaß an Lärmschutz garantiert werden. Deshalb setzen wir uns auch mit Nachdruck für europäische Mindeststandards ein, da sie das einzige Mittel sind, um den Wettbewerb der Flughäfen um die niedrigsten Lärmschutzstandards zu beenden. Die bisherige Praxis, Entscheidungen über Betriebseinschränkungen im Einzelfall vor Ort zu treffen, verhindert effektiven Lärmschutz. Oft drohen die Fluggesellschaften mit dem Abzug an andere Standorte mit für sie günstigeren, für die Anwohner aber gesundheitsschädlicheren Regeln. Damit wird der Lärm verlagert und die Last trägt in jedem Fall die Bevölkerung", erklärt die Abgeordnete.
"Der von der EU-Kommission aktuell vorgelegte Entwurf des so genannten Flughafen-Pakets stärkt die Kompetenzen der EU genau an der falschen Stelle. Anstatt jedem Bürger in der EU ein Mindestmaß an Lärmschutz zu garantieren, will sich die Kommission mit Blick auf Kapazitätsengpässe vielmehr das Recht sichern, vor Ort beschlossene Betriebseinschränkungen temporär auszusetzen. Damit wird der Lärmschutz auf den Kopf gestellt."
"Ohne Not macht sich die Kommission zum Sprachrohr der Luftverkehrsbranche, die vom Steuerzahler jedes Jahr massiv subventioniert wird. Immerhin erhalten die Fluggesellschaften laut Studien der Europäischen Umweltagentur dank der generellen Befreiung von der Kerosinsteuer und einer Befreiung von der Mehrwertssteuer auf internationalen Flügen jährlich zwischen 27 und 35 Milliarden Euro geschenkt. Angesichts solcher Geschenke durch die Bürgerinnen und Bürger finde ich es eine Frechheit, dass sich Fluggesellschaften beim Lärmschutz vor den weit geringeren Zusatzkosten drücken dürfen", so die Abgeordnete. » Vorschlag für die VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Union (PDF) » Europäische Umweltagentur: Die Subventionierung des Verkehrs in Europa (PDF)