PM 2012-039: GRÜNE: Nach weitere ergebnisloser Sitzung der PKK ist Untersuchungsausschuss zu NSU unumgänglich – kann auch Versagen anderer Behörden prüfen
Zu den in der vergangenen Woche von Innenminister Markus Ulbig und anderen CDU-Mitgliedern geäußerten Bedenken gegen einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Verbrechen der Zwickauer Terrorzelle erklärt Miro Jennerjahn, demokratiepolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
"Die Blockadehaltung der Sächsischen Staatsregierung in der Aufklärung über die Verbrechen der Zwickauer Terrorzelle und der in diesem Zusammenhang gemachten Fehler sächsischer Behörden macht einen Untersuchungsausschuss mittlerweile unumgänglich. Der Schwere der Verbrechen angemessen wäre es aber, wenn der Untersuchungsauftrag von allen demokratischen Parteien des Landtags getragen würde."
"Auch das gestern bekannt gewordene Ergebnis der PKK, wonach der Sächsische Verfassungsschutz nach 2001 keine Informationen über das Terrortio mehr hatte, bestätigt mich in der Forderung nach einem Untersuchungsauuschuss. Denn, anders als in der PKK gestern, hatte Ulbig noch im Januar zu unserem Antrag mitgeteilt, dass Maßnahmen gegen einen Unterstützer der Gesuchten über 2002 hinaus liefen. Und selbst wenn der Verfassungsschutz keine Kenntnisse zu dem Trio über diesen Zeitraum hinaus hatte, so haben doch zumindest Polizei und LKA Kenntnis von dem bis 2003 bestehenden Haftbefehl gegen das Terrortrio und dem bis 2007 bestehenden internationalen Haftbefehl gegen Böhnhardt gehabt. Warum aufgrund dieser Tatsache keine weiteren Ermittlungen sächsischer Behörden zum Aufenthalt des Trios erfolgten, ist fragwürdig."
"Ich habe weiterhin den Eindruck, dass Innenminister Ulbig den Landtag nicht umfassend über die Kenntnisse sächsischer Behörden zu den Verbrechen der Terrorzelle und deren unerkannten Aufenthalt in Sachsen über zehn Jahre informiert. So wurde den Mitgliedern des Innenausschusses aufgrund eines Antrags der GRÜNEN beispielsweise eine Auflistung aller Banküberfälle ab 1995 gegeben, in denen aber offensichtlich die Banküberfälle des Terrortrios fehlten. Auch von einer Vernehmung Beate Zschäpes als Zeugin im Jahr 2007 musste ich wieder aus der Zeitung erfahren, obwohl entsprechende Fragen dazu bereits im GRÜNEN-Ausschussantrag gestellt worden sind. Die GRÜNE-Fraktion hat aus diesem Grund gestern konkrete Nachfragen an den Innenminister zur Beantwortung in der kommenden Innenausschusssitzung am Donnerstag übersandt."
"Ich befürchte jedoch, dass der Antrag der GRÜNEN zur Aufklärung der Verbrechen des Terrortrios in der kommenden Innenausschusssitzung abgelehnt wird. Dies wäre ein weiteres Indiz für den mangelnden Aufklärungswillen der CDU geführten Koalition."
Hintergrund:
» Nachfragen der GRÜNEN-Fraktion zum Antrag "Erkenntnisse und Versäumnisse von Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft bezüglich der "Zwickauer Terrorzelle" aufklären – rechtsextremistische Straftaten wirksam verhindern!" (Drs. 7489)
1. Mit Schreiben vom 6.12.2011 wurden auf oben genannten Antrag die Zahl der Banküberfälle in Sachsen seit 1995 (untergliedert in erfasste und aufgeklärte Banküberfälle) mitgeteilt. Die Tabelle wurde nochmals der Kleine Anfrage von Sabine Friedel am 20.12.2011 (Drs. 5/7550) beigefügt.
Sind die mutmaßlich vom Terrortrio begangenen 10 Banküberfälle in Chemnitz und Zwickau in dieser Statistik enthalten? Wenn nein (so ist beispielsweise in Chemnitz im Jahr 2003 keine Banküberfall registriert, obwohl das Trio am 23.9.2003 in Chemnitz eine Sparkasse bzw. Poststelle überfallen hat), warum nicht?
2. Welche konkreten (intensiven und weniger intensiven) Maßnahmen wurden zu welchem Zeitpunkt vom LfV Sachsen und/oder in Absprache mit dem LfV Thüringen zur Observierung Jan W. getroffen und welche sonstigen nachrichtlichen Mittel wurden gegenüber W. und seinem Blood & Honour-Umfeldes wann eingesetzt?
3. Warum liegen der sächsischen Polizei keine eigenen Unterlagen zu den Maßnahmen des MEK Chemnitz und des LKA Sachsen zur Überwachung der Bernhardstraße in Chmenitz im August bis Oktober 2000 mehr vor? Aufgrund welcher Unterlagen/Akten wurde der Bericht zur Drs. 5/7489 vom 11.1.2012 (dann) erstellt?
4. Welche Erkenntnisse hatten die Staatsregierung und ihr nachgeordnete Behörden zu welchem Zeitpunkt zu einer Zeugenaussage von Frau Zschäpe alias Susann Dienelt am 11. Januar 2007 auf einer Polizeiwache in Zwickau bzw. zuvor im Haus des Terrortios in der Frühlingsstraße zu einer angezeigten Sachbeschädigung?
5. Wann erfolgt die Beantwortung der Fragen unter Punkt II.2. des Antrages?
6. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Staatsregierung gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung des unerkannten Mordens des Terrortrios von Sachsen aus?