PM 2012-111: Aktuelle Debatte der GRÜNEN: Neue Köpfe, neue Politik? Wir brauchen einen Kurswechsel in der sächsischen Bildungspolitik
Annekathrin Giegengack, bildungspolitische Sprecherin der GRÜNEN-Landtagsfraktion, forderte die Staatsregierung in der Aktuellen Debatte zu einem Umdenken in der Bildungspolitik auf:
"Wir können Bildung längst nicht mehr nur als existenzsichernde Voraussetzung jedes Einzelnen und als wettbewerbsrelevante Ressource für Volkswirtschaften begreifen. Sie ist ein entscheidender Faktor bei der Bewältigung der Zukunftsaufgaben des 21. Jahrhundert. Wie wir mit ihnen umgehen, ist entscheidend dafür, ob wir national und international ein modernes Land mit Zukunft sein werden."
"Wir müssen alles unternehmen, um die Bildungsbeteiligung zu erhöhen, denn die ist auch in unserem Land unzureichend und ungleich verteilt."
"Über zehn Prozent unserer Jugendlichen lesen und schreiben in der 9. Klasse auf dem Niveau von 10-Jährigen. Es ist kein Trost, dass dieser Anteil von Schülern in fast allen Bundesländern doppelt so hoch ist. Wie können wir es schaffen, vorgezeichnete ‚Bildungsschicksale‘ zu korrigieren? Nach meiner Überzeugung gibt es hier zwei zentrale Ansatzpunkte: Höchste Priorität für die frühkindliche Bildung und ein massiver Ausbau von Ganztagsschulen."
"Damit sind wir beim zweiten zentralen Punkt: Der Finanzierung unseres Bildungssystems. Unsere Ausgaben, so große Schwierigkeiten wir auch mit dem jetzigen Niveau bereits haben, ist international unterdurchschnittlich. Wir brauchen einen radikalen Umdenkprozess in Bezug auf die Bildung."
"Wir müssen die Unterfinanzierung im Bildungsbereich als immaterielle Schulden begreifen, die in Haushaltsrechnungen als entgangenes Wirtschaftswachstum eingepreist werden müssen. Wir müssen klar rechnen, Herr Finanzminister Unland, das ist die zentrale Aufgabe ihres Hauses, was den Einzelnen und uns als Gesellschaft unzureichende Bildung tatsächlich langfristig kostet.
"Darüber hinaus fehlt es an der notwendigen Liberalisierung unseres Bildungssystems. Die Organisation von Schule in unserem Land basiert noch immer auf den Vorstellungen von Schule aus dem letzten Jahrhundert. Schule ist bürokratisch, verrechtlicht und überreguliert. Sie bietet kaum Autonomie für Lehrer und bezieht bzw. bindet Eltern zu wenig ein."
"Die relative hohe Anzahl von Kindern an freien Schulen ist nicht in erster Linie eine Reaktion auf die Ausdünnung des Schulnetzes im ländlichen Raum, ablesbar daran, dass sich die meisten freien Schulen im großstädtischen Bereich befinden. Es ist ein Ausdruck dafür, dass Eltern von Schule heute mehr erwarten, als die Abarbeitung der Stundentafeln. Darauf muss das öffentliche Schulsystem reagieren. Wir brauchen Differenzierung und Individualisierung im Bildungssystem, neue Steuerungsprinzipien und mehr Autonomie der Bildungseinrichtungen, verbindliche Bildungsstandards und effektive Evaluation.