Datum: 12. Juni 2012

PM 2012-184: Sachsen droht ein lückenhaftes Heimgesetz

"Der von der Staatsregierung vorgelegte Gesetzentwurf ‚Gesetz zur Regelung der Betreuungs- und Wohnqualität im Alter, bei Behinderung und Pflegebedürftigkeit im Freistaat Sachsen (Sächsisches Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetz – BeWoG, oft auch als Heimgesetz bezeichnet), das am Mittwoch im Landtag beschlossen werden soll, wird Menschen mit Unterstützungs- und Pflegebedarf nicht gerecht.

"Die Menschenwürde ist der Leitgedanke, der auch bei der Ausgestaltung des Heimgesetzes zu Grunde gelegt werden muss“, erklärt Elke Herrmann, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

"Auch im Alter, bei demenziellen Erkrankungen oder bei Behinderungen wollen Menschen ihr Leben in weitestgehender Freiheit leben. Ein Heimgesetz muss dafür den richtigen Rahmen setzen, der sowohl Freiheit zulässt, als auch Schutz gewährt", so Herrmann. "Der Gesetzentwurf folgt einem schwarz-weiß Schema und schafft ausschließlich für stationäre Einrichtungen Rechtssicherheit. Sachsen weicht damit von dem ab, was die meisten Bundesländer regeln. Diese sehen zumeist drei Stufen für das Wohnen vor, in denen das Gesetz entweder uneingeschränkt, eingeschränkt bzw. nicht angewendet wird."
„Das Heimgesetzu muss Schutz bieten, dieser sollte an das Maß an Abhängigkeit des Einzelnen geknüpft sein und nicht, wie in Sachsen geplant, an den Wohnort "Heim". Das ist rückwärtsgewandt“, bedauert Elke Herrmann. „Der Inhalt des Gesetzes hat mit der UN-Behindertenrechtskonvention wenig bis nichts zu tun.“

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bringt zwei Änderungsanträge ein. So soll eine Evaluierung die Umsetzung des Gesetzes begleiten. Nach Ablauf der gesetzten Frist soll dem Landtag dazu berichtet werden. Denn es ist absehbar, dass die Schwarz-Weiß-Einteilung zahlreiche Anträge auf Ausnahmegenehmigungen nach sich zieht und Klagen folgen werden.

Der zweite Änderungsantrag zielt darauf, dass die Heimaufsicht eben nicht am 1.1.2013 an den Kommunalen Sozialverband übergeht. "Die Hand, die das Geld gibt, darf sich nicht selbst kontrollieren", erklärt Elke Herrmann.

Auch zeichnete sich jetzt schon ab, dass die sächsische Regelung nicht mit Regelungen des Pflegeneuausrichtungsgesetzes des Bundes konform ist. Dort werden neue Leistungen für Wohngemeinschaften eingeführt, sofern diese nicht unter das Heimrecht fallen. "So wie das Gesetz gestrickt ist, werden in Sachsen Wohngemeinschaften von diesen neuen Leistungen nicht profitieren."