PM 2012-205: Abschlussbericht des Innenministers zu NSU an Ignoranz nicht zu überbieten
Zum heute dem Innenausschuss des Sächsischen Landtags zugeleiteten vorläufigen Abschlussbericht des Innenministeriums zum Fallkomplex "Nationalsozialistischer Untergrund" erklärt Miro Jennerjahn, Rechtsextremismusexperte und Obmann der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Untersuchungsausschuss "Neonazistische Terrornetzwerke in Sachsen":
"Der vorläufige Abschlussbericht ist die Fortsetzung der seit November letzten Jahres von Innenminister Markus Ulbig (CDU) betriebenen Schuldzuweisung an Thüringer Behörden. Mit dem Satz: ‚Dass erfolgversprechende Maßnahmen im LfV Sachsen unterblieben sind, ist nicht ersichtlich‘ relativiert er sogar den durchaus kritischen Abschlussbericht der Parlamentarischen Kontrollkommission von vergangener Woche. Diese hatte dem Sächsischen Verfassungsschutz Untätigkeit mit Blick auf die angebliche Thüringer Zuständigkeit vorgeworfen."
"Auch der Arbeit der sächsischen Polizei bescheinigt Ulbigs Abschlussbericht aufgrund der Zuständigkeit der Thüringer Behörden "keine Versäumnisse". Dass es aber die sächsische Polizei offensichtlich versäumt hat, den Sächsischen Verfassungsschutz und die Thüringer Kollegen – von denen sie ja wussten, dass sie das Trio in Sachsen vermuteten – über die Banküberfälle am Aufenthaltsort des Trios zu unterrichten, wird unter den Teppich gekehrt. Völlig unerklärlich ist, dass in der polizeilichen Tätigkeit zwar mehrere, bereits bekannte, Observationsmaßnahmen im Jahr 2000 vermerkt sind sowie eine weitere in Chemnitz 2002, anschließend aber eine große Lücke bis November 2011 klafft."
"Die aufgezählten Konsequenzen, die der Innenminister aus den ‚Nichtversäumnissen‘ seiner Behörden zieht, sind Selbstverständlichkeiten. Wenn ich nunmehr die Forderung nach einem kontinuierlicher Fahndungs- und Kontrolldruck gegen die rechtsextreme Szene Sachsen vernehme, dann frage ich mich, was sächsische Behörden eigentlich in den letzten 20 Jahre gemacht haben."
"Der vorläufige Abschlussbericht macht zumindest eines deutlich: Fehler sollten nicht die Behörden untersuchen, die sie gemacht haben. Aufklärung braucht man dann nicht zu erwarten.""In Thüringen war dagegen eine dreiköpfige Kommission in der Lage, einen detaillierten und mehrere hundert Seiten langen Bericht anzufertigen, in dem klare Aussagen über Fehler thüringischer Behörden festgehalten worden sind. In Sachsen speist uns ein ganzes Ministerium mit nicht einmal 25 Seiten voller Banalitäten ab. Der von Ulbig vorgelegte Bericht ist ein Dokument der Peinlichkeit."
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