Datum: 01. August 2012

PM 2012-246: Arbeitsbeginn der unabhängigen Kommission zum Verfassungsschutz

Die von Innenminister Markus Ulbig (CDU) berufene unabhängige Kommission zur Erarbeitung eines Philosophiewechsels beim Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) nimmt heute, am 1. August, ihre Arbeit auf. Dazu erklärt Eva Jähnigen, innenpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Das Agieren des Ministers ist durchsichtig. Sein Resümee der Ereignisse der letzten acht Monate lautet, dem Verfassungsschutz sei >>kein pflichtwidriges Unterlassen<< vorzuwerfen. Die nächsten sieben Monate wird er uns erzählen, dass er den Ergebnissen der Expertenkommission nicht vorgreifen will. Mein Verdacht ist: Der Innenminister will die Affäre des Umgangs des sächsischen Verfassungsschutz mit dem ‚NSU‘ schlicht aussitzen."
"Nach dem Abschlussbericht der Expertenkommission Anfang nächsten Jahres droht ein klammheimliches ‚Weiter so!‘ im LfV. Auf der Strecke bleibt die grundlegende Aufklärung dessen, was bei der Verfolgung der furchtbaren Straftaten des ‚NSU‘ in Sachsen schief gelaufen ist."

"Die Blaupause für dieses Vorgehen hat Ulbigs Vorgänger Albrecht Buttolo mit der unabhängigen Kommission zum so genannten ‚Sachsensumpf‘ geliefert."
Das sog. Beyer-Irrgang-Gutachten stellte 2007 u.a. fest, dass interne und externe Kontrollmechanismen im LfV nicht greifen, die laufende Dienst- und Fachaufsicht durch stichprobenartige Kontrollen sicher gestellt werden müsse, dass die Mitarbeiter, stärker nachrichtendienstlich aus- und fortgebildet werden sollten und die Zusammenarbeit mit der Polizei verbessert werden müsse." (Siehe etwa S. 109 ff. des Abschlussberichts vom 4.10.2007.)

"Geändert hat sich beim LfV nach diesem Bericht aus dem Jahr 2007 allerdings nichts. Denn all dies sind Punkte, die die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) nun in ihrem vorläufigen Abschlussbericht zum Behördenhandeln des LfV erneut kritisieren musste."

"Auch die Möglichkeit, dass Mitarbeiter schutzbedürftiges Schriftgut am Arbeitsplatz aufbewahren und verwalten dürfen, wurde schon 2007 als >>Einfallstor für Missbrauch<< gewertet (S. 7 der Ergebnisdarstellung und Erörterung zum Abschlussbericht und Gutachten des Prüfteams des SMI – S. 112). Im Zusammenhang mit dem Rücktritt des LfV-Chefs Reinhard Boos berichtete der Innenminister von genau solch einer, schon damals kritisierten, Aufbewahrung."
"Statt die Öffentlichkeit zu verschaukeln, sollte der Innenminister die Arbeit des Verfassungsschutzes in die richtige Richtung lenken: Das Schreddern von Akten ist zu stoppen, straffällige V-Leute sind der Strafverfolgung zuzuführen und unfähiges Personal auszutauschen bzw. abzubauen. Die vornehmste Aufgabe des Ministers wäre es, den Untersuchungsausschuss des Landtages zu unterstützen. Dieser hat trotz seines fünfmonatigen Bestehens noch nicht einmal alle Unterlagen aus dem Geschäftsbereich des Innenministeriums."
Hintergrund:
Nach der Vorstellung von Innenminister Markus Ulbig soll die unabhängige Kommission zur Erarbeitung eines Philosophiewechsels beim Landesamt für Verfassungsschutz innerhalb der nächsten sieben Monate die Arbeitsabläufe und Strukturen des Landesamtes evaluieren und die Zusammenarbeit mit der Polizei untersuchen. » Beyer-Irrgang-Gutachten vom 4.10.2007 zum ‚Sachsen-Sumpf‘ » Vorläufiger Abschlussbericht der PKK zum Behördenhandeln des LfV