PM 2012-266: Kfz-Kennzeichenscanner: 18.341 Kennzeichen gescannt, 14 Identitätsfeststellungen, zwei Zwangsentstempelungen, kein gestohlenes Kfz
Aktuell läuft in Sachsen das Vergabeverfahren für sechs Systeme zur automatisierten Kfz-Kennzeichenerkennung. Die Anschaffungskosten dafür liegen bei 150.000 Euro. Im Rahmen von Einsätzen in der Testphase u.a. im Stadtgebiet von Görlitz, der angrenzenden A4 sowie der Bundesstraße B115 wurden zu verschiedenen Zeiten insgesamt 18.341 Kennzeichen gescannt und mit dem Sachfahndungsbestand von INPOL abgeglichen. In 14 Fällen kam es zu Treffermeldungen, und in deren Folge, zu Identitätsfeststellungen. Ein gestohlenes Kfz konnte nicht sichergestellt werden, es seien aber zwei Zwangsentstempelungen erfolgt. Dies geht aus der Antwort der Staatsregierung auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Jähnigen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hervor.
Zu den bisherigen Ergebnissen der Testphase erklärt Eva Jähnigen, innenpolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion:
"Ich fordere Innenminister Markus Ulbig auf, die Anschaffung von Kfz-Scannern zu überdenken. Der Einsatz dieser grundrechtsrelevanten Maßnahmen kann kaum mit dem erfolgreichen Zwangsentstempeln zweier Fahrzeuge nach Pflichtversicherungsgesetz begründet werden. Die Zahl der mit dem Einsatz erfassten Unbeteiligten erscheint im Vergleich zu Trefferquote und Nutzen für die Polizeiarbeit unverhältnismäßig. Die Versicherung von Herrn Ulbig, dass sämtliche Daten im Nicht-Trefferfall technisch spurenlos gelöscht wurden, beruhigt kaum", erklärt Jähnigen.
"Die Tests haben zudem gezeigt, dass bereits durch einen reflektierenden Aufbau oder Dunkelheit und Regen Schwierigkeiten beim Auslesen der Kennzeichen auftreten. Die Wahrscheinlichkeit, dass professionelle Autodiebe in der Lage sind, alle Schlupflöcher im Netz der Ermittler auszunutzen, ist groß. Heute sind schon Tankbetrüger mit falschen Kfz-Kennzeichen unterwegs. Schwerkriminelle werden sich durch Kfz-Kennzeichenscanner erst recht nicht überführen lassen."
"Gute Polizeiarbeit bemisst sich nicht am Grad des blinden Vertrauens auf technische Überwachung der überwiegend unbescholtenen Bevölkerung, sondern in zielgerichteter kriminalistischer Arbeit", so Jähnigen.
Auch die Polizeigewerkschaft hatte unlängst den Sinn der Technik angesichts des Stellenabbaus bei der Polizei bezweifelt.
» Kleine Anfrage Einsatz automatischer Kfz-Scanner im Freistaat Sachsen" (Drs 5/9793)
Hintergrund:
Das polizeiliche Informationssystem INPOL ist ein elektronischer Datenverbund zwischen Bund und Ländern. Das Bundeskriminalamt ist die Zentralstelle dieses Verbundes.
INPOL besteht aus verschiedenen Dateien. Zu den wichtigsten zählen: der Kriminalaktennachweis (KAN), die Personenfahndung, die Sachfahndung, die Haftdatei, der Erkennungsdienst und die DNA-Analyse-Datei.
An dem Informationssystem sind neben dem Bundeskriminalamt und den Landeskriminalämtern sonstige Polizeibehörden der Länder, die Bundespolizei sowie die mit der Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben betrauten Behörden der Zollverwaltung und das Zollkriminalamt mit dem Recht beteiligt, Daten in das System im automatisierten Verfahren einzugeben und daraus abzurufen."