Datum: 13. September 2012

PM 2012-289: Will die Staatsregierung Kosten für Asylbewerber auf die Kommunen abwälzen?

Nach der Erhöhung der Geldleistungen für Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz will die Staatsregierung offenbar die Kommunen auf den gestiegenen Kosten sitzen lassen. Das befürchtet Elke Herrmann, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, nach der Antwort von Innenminister Markus Ulbig auf ihre diesbezügliche Kleine Anfrage (Drs. 5/9790):

"Auf meine Frage, wer die Kosten für die erhöhten Leistungssätze trägt, antwortete der Innenminister, dass >>der Freistaat den Kommunen eine finanzielle Erstattung (gewährt), die sich nach § 10 des Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes bemisst.<< In diesem Gesetz sind aber nur 1.125 Euro pro Person und Quartal als Erstattung an die Kommunen vorgesehen. Diese Pauschale soll alle Kosten einschließen, für die die Landkreise und kreisfreien Städte aufkommen müssen. Das betrifft etwa Unterbringung, Geld-  bzw. Sachleistungen und soziale Betreuung. Der Satz war schon in der Vergangenheit viel zu knapp bemessen und ist seit dem 01.01.2003 unverändert. Nach der Erhöhung der Geldleistungen reicht die Pauschale bei Weitem nicht mehr aus."

Mit dem Urteil vom 18.07.2012 hatte das Bundesverfassungsgericht die Geldleistungen für Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge erhöht. So etwa für einen Haushaltsvorstand auf 336 Euro (zuvor 224 Euro) und für Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren auf 260 Euro (zuvor 200 Euro). >>Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren<<, begründeten die Richter ihr Urteil.
 
"Ich fordere die Staatsregierung auf, schnellstmöglich einen Entwurf für die Änderung des Paragrafen 10 des Sächsischen Flüchtlingsaufnahmegesetzes vorzulegen und darin die Kostenerstattung für die Kommunen deutlich zu erhöhen.  Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde von allen demokratischen Parteien begrüßt. Der sächsische Ausländerbeauftragte Dr. Martin Gillo nannte es ein >>ermutigendes Signal<<. "Es wäre unverantwortlich, jetzt die aus dem Urteil folgenden Kosten zum Spielball zwischen Kommunen und Staatsregierung zu machen."

Herrmann verwies auf Pressemeldungen aus Nordsachsen (13.08.), in denen die gestiegenen Kosten für Asylbewerber undifferenziert als einer der Hauptgründe für die Verschuldung des Landkreises dargestellt wurden. Im Landkreis Leipzig hatte es in einem Asylbewerberheim Unruhe unter den Flüchtlingen und Diskussionen mit dem Landrat über die Erstattung der Kosten durch den Freistaat gegeben (LVZ Borna vom 28.07.12).
"Die Staatsregierung darf doch nicht durch die ausbleibende Angleichung der Erstattung für die Kommunen, der Stimmungsmache gegen Flüchtlinge Vorschub leisten."

» Kleine Anfrage ‚Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz‘ (Drs. 5/9790)
» Sächsisches Flüchtlingsaufnahmegesetz

» Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts zum Urteil