Datum: 21. September 2012

PM 2012-302: Nicht Polen sondern Bahn und Freistaat beerdigen die internationale Zugverbindung Dresden-Wroclaw (Breslau)

Zu den Äußerungen des Chefs des Zweckverbands Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON), Christoph Mehnert, die ehemalige Fernverkehrsverbindung von Dresden nach Wroclaw (Breslau) als Nahverkehrsverbindung zu retten, erklärt Eva Jähnigen, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Es ist nur die halbe Wahrheit, dass die Zukunft der Strecke von den Finanzierungszusagen der polnischen Seite abhängt. Der eigentliche Skandal ist, dass ZVON und die polnischen Wojewodschaften den schwarzen Peter zugeschoben bekommen. Die Hoffnung der CDU/FDP-Regierung der Deutschen Bahn mit mittlerweile vier Jahren andauernden Finanzspritzen den Wiedereinstieg in den eigenwirtschaftlichen Betrieb der Strecke Dresden-Wroclaw (Breslau) zu versüßen, bleibt unerfüllt."
"Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) hat sich einmal mehr als beratungsresistent erwiesen. Ich habe ihn mehrfach aufgefordert, endlich hart mit der DB zu verhandeln. Wie befürchtet, rächt sich jetzt sein Nichtstun. Das sollen nun der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und der ZVON ausbaden. Das kann nicht gut gehen. Denn in den Jahren 2011-2014 muss der ZVON mit 15 Millionen Euro und der VVO sogar mit 35 Mio. Euro weniger Zuweisungen auskommen."
Das Ergebnis: Die momentan noch drei Verbindungen nach Polen werden auf zwei am Tag reduziert. Aufgrund der Nahverkehrszwischenhalte verlängert sich die Fahrtzeit. Insgesamt fehlen am Ende drei Verbindungen täglich von Dresden nach Görlitz.
"Das ist eine Katastrophe. Eine umsteigefreie Zugverbindung zwischen Sachsens Landeshauptstadt und der viertgrößten Stadt Polens ist viel zu wichtig, um sich in Vogel-Strauß-Manier wegzuducken. Die Erfahrungen mit der Bahn zeigen, dass diese von selbst kein gemeinwohlorientiertes Angebot vorlegen wird."

Hintergrund:
Fast 56.000 Bahnreisende, davon 20.000 am Wochenende haben von März 2010 bis Februar 2011 die Regionalexpresslinie 100 Dresden-Wroclaw (Breslau) genutzt. Das waren etwa 10.000 mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. Die DB betreibt diese Verbindung seit 2009 bis Ende 2011 mit einem öffentlichen Zuschuss als Modellprojekt. Ohne weitere politische Aktivitäten wird der RE 100 ab dem 1. Januar 2013 eingestellt.
Die GRÜNE-Landtagsfraktion hatte in einem Antrag gefordert, die Fortführung der Regionalexpress-Linie RE 100 Dresden-Wroclaw abzusichern.
Der Schienenverkehr zwischen Deutschland und Polen fristet auch mehr als acht Jahre nach dem EU-Beitritt des östlichen Nachbarlands ein stiefmütterliches Dasein. Auf der früheren Ost-West-Magistrale zwischen Dresden (520.000 Einwohner) und Wroclaw/Breslau (630.000 Einwohner) über Görlitz verkehrt seit 2004 kein klassischer Fernverkehrszug mehr. Noch 1996 passierten täglich 14 Fernverkehrszüge den Görlitzer Bahnhof. » Antrag der GRÜNEN-Fraktion: "Fortführung eines umsteigefreien Zugverkehrsangebotes zwischen Dresden und Wroclaw" (Drs. 5/5982). Er wurde im September 2011 im Landtag abgelehnt.