Datum: 16. Oktober 2012

PM 2012-337: Morloks Sparorgie ist ein Irrweg – Sachsen braucht aktive Bahnpolitik

Die drohende Stilllegung von 15 Bahnstrecken in Sachsen wird Thema der Landtagssitzung am Mittwoch, den 17. Oktober.
Im Landesverkehrsplan 2025 definiert die Landesregierung in Sachsen 15 Bahnstrecken als besonders unrentabel. Der dafür verantwortliche Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) empfiehlt derartige Strecken >>abseits der Oberzentren<< stillzulegen und durch Busverkehr oder alternative Bedienformen zu ersetzen. U.a. sind davon die Bahnlinien Bad Brambach-Adorf-Plauen, Meißen Triebischtal–Nossen–Roßwein–Döbeln sowie Freiberg–Lichtenberg–Clausnitz–Rechenberg-Bienenmühle–Holzhau betroffen.
Durch die im Haushaltsentwurf 2013/14 vorgesehenen Kürzungen wird der Druck auf die Verkehrsverbünde bewusst erhöht.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag lehnt dieses Vorgehen ab und lädt die Abgeordneten der Koalition mit dem Antrag "Drohende Streckenstilllegungen im Bahnverkehr abwenden" dazu ein, morgen im Landtag für ihre Region zu stimmen.
"Morloks Sparorgie ist ein Irrweg. Sachsen braucht eine aktive Bahnpolitik. Wir fordern die Staatsregierung mit dem Antrag auf, den Landesverkehrsplan zu überarbeiten und die Kahlschlagpolitik im Schienenverkehr durch eine weitsichtige Bahnpolitik mit solider Finanzierung zu ersetzen", erläutert Eva Jähnigen, verkehrspolitische Sprecherin der GRÜNEN-Landtagsfraktion.
"Es ist ein Unding, wenn Minister Morlok den Verkehrsverbünden bereits einzelne Bahnstrecken zur Stilllegung empfiehlt. Damit betreibt die Staatsregierung keine Verkehrspolitik, sondern schneidet Städte wie Nossen, Roßwein, Bad Brambach oder Holzhau systematisch vom Bahnverkehr ab."
"Erst kürzt Morlok den Verkehrsverbünden das Geld. Dann geht er gegen die Bahnstrecken mit geringeren Fahrgastzahlen vor. Anstatt zu überlegen, wie man den Bahnverkehr auf diesen Strecken attraktiver gestalten kann, fordert er ihre Stilllegung. Dass damit ganze Regionen abgehängt werden, ist ihm völlig egal. Dieser Verkehrsminister schadet dem Bahnverkehr in Sachsen massiv."
Die Wurzel allen Übels sieht Jähnigen in der Sparorgie des Wirtschaftsministers. "Die von Staatsregierung und Koalitionsmehrheit aus CDU und FDP beschlossenen Streichungen im Öffentlichen Verkehr hinterlassen tiefe Spuren."
Jähnigen fordert die Landtagsfraktionen von CDU und FDP auf, die ÖPNV-Kürzungen im Haushalt 2013/14 zurückzunehmen. "Die Abwärtsspirale bei Bus und Bahn, muss gestoppt werden. Der Öffentliche Verkehr muss attraktiv gestaltet und vernetzt werden. Angesichts steigender Zahlen von Pendlern und älteren Menschen müssen die Verkehrsverbünde auch das notwendige Geld für diese Aufgaben zur Verfügung bekommen. Die Konsequenzen der bisherigen schwarz-gelben Verkehrspolitik können bereits besichtigt werden. Seit zwei Jahren haben sich die Tarife für Bus und Bahn in Sachsen um durchschnittlich zehn Prozent erhöht. Strecken wurden ausgedünnt."
Daran ändert auch die eine Million Euro zusätzlich, die die Staatsregierung sachsenweit in die Schülerbeförderung steckt, herzlich wenig.
» Antrag der GRÜNEN-Fraktion "Öffentlicher Verkehr im gesamten Freistaat Sachsen absichern und ausbauen/Drohende Streckenstilllegungen im Bahnverkehr abwenden" (Drs. 5/10338)
» Kleine Anfrage "Auswirkungen der Kürzungen der Regionalisierungsmittel auf das Leistungsangebot der Zweckverbände" (25.05.2012, Drs. 5/8938)

Hintergrund:
Trotz erhöhter Bundesförderung hat das Land Sachsen seine Zuschüsse für den ÖPNV dramatisch gekürzt. Mit einer Weiterleitung von nur noch 73 Prozent der für die Bestellung von SPNV-Leistungen bestimmten Regionalisierungsmittel des Bundes an die sächsischen Zweckverbände (siehe aktueller Doppelhaushaltsentwurf) liegt Sachsen im Bundesvergleich an letzter Stelle. Im Vergleich zur bisher geltenden ÖPNV-Finanzierungsverordnung kürzt die Staatsregierung in den Jahren 2011-2014 beim ÖPNV insgesamt 132 Millionen Euro in Sachsen.
Im von der sächsischen Regierung am 02. 10. 2012 beschlossenen "Landesverkehrsplan Sachsen 2025" heißt es zum ÖPNV-Angebot im ländlichen Raum: "Es ist nicht zu erwarten, dass abseits der Oberzentren zufriedenstellende Deckungsbeiträge erreicht werden, deshalb sind flexible und kundenfreundliche Angebotsumstellungen von Eisenbahnverkehren zugunsten wirtschaftlicher Busverkehre oder alternativer Bedienformen (Anrufbus, Richtungsbandverkehr, Flächenbetrieb, Anruf Linientaxi) zu prüfen. Diese gilt vor allem in jenen Regionen wo die Streckenbelegung extrem gering ist und damit die gezählten und prognostizierten Fahrgäste auf einzelnen Bahn-Streckenabschnitten so gering ausfallen, dass eine dauerhafte Finanzierbarkeit mittels öffentlicher Zuschüsse künftig nicht mehr darstellbar ist (Abbildung 25). Hier sind die Aufgabenträger gefordert, entsprechende Konzepte zu entwickeln. Sollten rechtliche Rahmenbedingungen dem entgegenstehen, sind diese gegebenenfalls zu überprüfen und anzupassen."