PM 2012-409: Was hilft ein ‚Operatives Abwehrzentrum‘, wenn es der Polizei offenbar an Kapazität fehlt?
Zur heutigen Landtagsdebatte ‚Extremismus keinen Raum geben – Demokratiefeinde entschlossen bekämpfen‘ erklärt
Eva Jähnigen, innenpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Die Verbrechen des NSU und das Versagen sächsischer Behörden beim Auffinden der Rechtsterroristen sind noch nicht einmal im Ansatz aufgeklärt. Politische Konsequenzen fehlen immer noch weitgehend."
"Seit dem Bericht über die Vorfälle in Hoyerswerda wissen wir, dass Menschen, die sich gewaltfrei gegen Neonazis engagieren, mitten in Sachsen nicht genügend von der Polizei geschützt werden. Wir haben schockiert feststellen müssen, dass hier den Neonazis offenbar wieder einmal ein Schritt zu ihrem Ziel national befreiter Zonen gelungen ist. Und wir haben gehört, wie der Innenminister und die Spitzen der Polizei versucht haben, diesen Vorfall zu beschönigen."
"Was hilft ein groß angelegtes Konzept für ein ‚Operatives Abwehrzentrum‘ der sächsischen Polizei, wenn es der Polizei vor Ort offenbar an Kapazität fehlt?"
"Und nun wollen Sie bereits wieder allen Extremisten den Kampf ansagen. Wohlgemerkt, allen Extremisten gleichermaßen und nicht den Neonazis im Besonderen."
"In ihrem Konzept zur Bekämpfung des Rechtsextremismus, das Innenminister Markus Ulbig in der vorletzten Woche vorgestellt haben, haben sie, unter der Abkürzung PMK (politisch motivierte Kriminalität) genauso vor, sogenannte Linksextremisten zu verfolgen. Wir wissen es ja aus den Strafverfahrensstatistiken: seit dem 19. Februar 2011 gehören da auch Demonstranten dazu, die friedlich gegen den Aufmarsch von Neonazis auf die Straße gehen."
"Herr Innenminister, ich nehme ihnen persönlich ab, dass ihnen der Kampf gegen Rechtsextremismus am Herzen liegt. Leider sind Sie aber in einer Partei beheimatet, die Sachsens Probleme mit den Neonazis seit Jahr und Tag kleinreden will."
"In den 90er Jahren hieß es: >>Sachsen ist immun gegen Rechtsextremismus.<< Unter diesem Slogan wurde Sachsen zu einer Hochburg der Neonazis. Heute suggeriert die CDU-geführte Regierung, Sachsen wäre bedroht von links und rechts gleichermaßen. Aber das ist nicht die Realität in diesem Land. Die Realität ist: wir haben in Sachsen ein Naziproblem und müssen entsprechend handeln. Verharmlosende Vergleiche helfen dagegen gerade nicht. Wenn CDU-Kollege Schreiber Kacke in seinem Briefkasten findet, ist das eine nicht zu entschuldigende Sauerei. Aber Linksextremismus ist es nicht."
"Es geht um die Opfer des NSU und die Angehörigen der Opfer, die teilweise aufgrund ihrer Herkunft selbst verdächtigt wurden. Es geht um 148 Todesopfer in Deutschland durch rechtsextreme Gewalt. Es geht um Menschen, die aus Dörfern oder Klein- und Mittelstädten in die Großstädte wegziehen, weil sie Angst vor Neonazis haben – wegen ihrer Einstellung, ihrem Aussehen oder ihrer sexuellen Identität. Es geht um latent fremdenfeindliche und chauvinistische Einstellungen mitten in unserer Bevölkerung. Die kürzlich vorgelegte Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung hat die Probleme hier deutlich aufgezeigt."
"Politik und Polizei und alle anderen müssen wachsam sein und dürfen nicht wegschauen. Aber warum verlangen sie denjenigen, die sich gegen Nazis engagieren, mit ihrer fragwürdigen Demokratieklausel Bekenntnisse zur Verfassung ab, als hätten Sie Grund ihnen zu misstrauen? Warum kürzen sie ihnen durch die Fördereinschränkungen im Programm ‚Weltoffenes Sachsen‘ im Haushalt 2013/14 die Mittel?"
"Was tun sie endlich dafür, dass die sächsische Verwaltung ein Vorbild für Weltoffenheit und Bürgernähe wird? Wann beginnen Sie mit einer Kampagne für Antidiskriminierung? Wie unterstützen Sie das Demokratielernen in den Schulen und Jugendeinrichtung besser? Wann werden Sie endlich die Demokratie durch mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz staatlichen Handelns fördern?"
"Meine Damen und Herren von CDU und FDP, verlassen Sie endlich, ihren Irrweg, in Sachsen den Rechtsextremismus mit dem sogenannten Linksextremismus gleich zu setzen. Nehmen Sie die Realität zur Kenntnis: Sachsen hat ein Naziproblem und dagegen müssen wir handeln."