PM 2013-149: Förderschulsystem in kompletter Schieflage – Lehrplanmäßiger Unterricht ist Ausnahme
Anhand einer Reihe Kleiner Anfragen der GRÜNEN-Landtagsfraktion wird deutlich, dass es erhebliche Probleme bei der Abdeckung des so genannten Grundbereiches gibt. Besonders betroffen sind die Förderschulen, aber auch an manchen Grundschulen ist kein lehrplanmäßiger Unterricht möglich.
In Zahlen heißt das, in 94 der 138 sächsischen Förderschulen ist der Grundbereich, der Unterricht nach Stundentafel, nicht mehr abgedeckt. Nur noch ein Drittel aller Förderschulen in Sachsen verfügt über ausreichend Personal, um regulären Unterricht zu halten.
Traurige Spitzenreiter sind die Schulen für geistig Behinderte, insbesondere in Neustadt/Polenz mit einer Abdeckung des Grundbereichs von nur noch 74 Prozent, Eilenburg (81 Prozent), Wurzen (84 Prozent) und Zittau von (85 Prozent).
"Bei den Bemühungen um inklusive Beschulung von Kindern mit Behinderung an Regelschulen, dürfen die Kinder, die weiter die Förderschulen besuchen nicht auf der Strecke bleiben. Wie sozial ein Staat wirklich ist, entscheidet sich an seinem Umgang mit den Schwächsten", sagt Annekathrin Giegengack, bildungspolitische Sprecherin der GRÜNEN-Landtagsfraktion.
Auch an 40 sächsischen Grundschulen findet der Unterricht nicht mehr im vorgeschriebenen Umfang statt. Große Einschnitte im Grundbereich weisen die Grundschulen "Am Stadtpark" in Chemnitz (82 Prozent), Papstdorf/Göhrisch (87 Prozent), Großrückerswalde (90 Prozent), Colditz/Hausdorf (91 Prozent), "Anne Frank" in Radebeul (92 Prozent) sowie die 71.Grundschule in Dresden (92 Prozent) auf. Da in fast allen Schulen auch der Ergänzungsbereich und der sogenannte Stundenpool** auf Null gesetzt sind, kann die fehlende Grundausstattung mit Lehrerstunden nicht kompensiert werden.
"Die Schüler dieser Grundschulen haben schlechtere Voraussetzungen beim Schulstart als ihre Altersgenossen. Doch auch für sie gilt ein 2,0 Durchschnitt für den Zugang zum Gymnasium. Letztlich kann man den Eltern nur noch empfehlen zu klagen", sagt Giegengack.
Auch die Beruflichen Schulzentren in Sachsen haben mit planmäßigem Unterrichtsausfall zu kämpfen. So weisen die Berufsschulzentren "Dr. Herrmann Schulze" Delitzsch (93 Prozent), "Ruth Pfau" Leipzig (80 Prozent) und "Anne Frank" im Vogtland (93 Prozent) bereits größere Lücken im Grundbereich auf, die nicht mehr über den Ergänzungsbereich kompensiert werden können.
Mittelschulen und Gymnasien sind bislang kaum vom unzureichenden Unterrichtsangebot betroffenen. Kann hier der Grundbereich nicht voll abgedeckt werden, stehen zumeist Lehrerstunden im Ergänzungsbereich zu Verfügung.
Hintergrund:
» Zahlen für Stadt Leipzig, Landkreis Leipzig, Nordsachsen, Görlitz und Bautzen (Drs. 5/11699)
» Zahlen für Chemnitz, Mittelsachsen, Erzgebirgskreis, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und Meißen (Drs. 5/11698)
» Zahlen für Zwickau und Vogtlandkreis (Drs. 5/11697)
» Zahlen für Dresden Kleine Anfrage von Dr. Eva Maria Stange (SPD)
- Lehrerwochenstunden aus dem Ergänzungsbereich und dem Stundenpool in Verantwortung des Schulleiters sind für Schüler als zusätzliche Bildungsangebote in den Schulen und für schulübergreifende Projekte zu verwenden, solange kein – auch zeitlich befristeter – Bedarf zur Sicherung des Unterrichts im Grundbereich vorhanden ist.
- Zusätzliche Bildungsangebote in den Schulen können vorrangig Fördermaßnahmen sein, insbesondere für Migranten, abschlussgefährdete Schüler und Schüler mit Teilleistungsschwäche.