Datum: 17. Januar 2013

PM 2013-16: Immunität des Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi aufgehoben

Der Immunitätsausschuss des Sächsischen Landtags hat heute die Immunität des Dresdner Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi (GRÜNE) aufgehoben. Damit kann die Staatsanwaltschaft Dresden Anklage gegen den Abgeordneten wegen seiner Teilnahme an den Protesten gegen Nazis-Demos am 19. Februar 2011 erheben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm >>grobe Störung<< einer Versammlung nach Paragraf 21 Versammlungsgesetz durch Platzbesetzung der Kreuzung Reichenbachstraße/Fritz-Löffler-Straße in Dresden im Rahmen der Anti-Naziproteste 2011 vor.

Dazu erklärt der Abgeordnete Johannes Lichdi:
"Ich habe zu keinem Zeitpunkt meine Teilnahme an der Platzbesetzung bestritten. Auf die Angebote der Staatsanwaltschaft Dresden, das Verfahren gegen Geldauflage einzustellen, bin ich nicht eingegangen. Meine Teilnahme war wie die vieler anderer durch das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes gedeckt."

"Ich habe weder die Mitglieder meiner Fraktion noch die Mitglieder des Immunitätsausschusses gebeten, in einer bestimmten Weise zu entscheiden. Ich möchte mich als Mitglied des Landtags nicht vor Strafverfolgung schützen lassen, wenn sich über 351 engagierte Bürgerinnen und Bürger dieser seit zwei Jahren stellen mussten und müssen."

Der Abgeordnete Lichdi weist zudem auf einige Besonderheiten bei der Einleitung und Abwicklung der Verfahren nach Paragraf 21 Versammlungsgesetz hin:
"Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte nach den Anti-Nazi-Protesten im Februar 2010 kein Verfahren gegen mich eingeleitet, obwohl sie wusste, dass ich mit vielen anderen den ganzen Tag an der Platzbesetzung am Dresdner Albertplatz teilgenommen hatte. Zugleich hat sie ein Strafverfahren gegen den Kollegen Dr. André Hahn durchgeführt, der an den Platzbesetzungen rund um den Neustädter Bahnhof in Dresden nicht teilgenommen hat."

"Die Staatsanwaltschaft Dresden hat bis heute gegen 351 Personen Verfahren wegen der Platzbesetzung am 19.2.2011 im Bereich Löfflerstraße/Reichenbachstraße eingeleitet. Demgegenüber hat die Staatsanwaltschaft Chemnitz sechs zunächst eingeleitete Verfahren wegen Platzbesetzungen am 5.3.2011 ohne weitere Folgen für die Betroffenen eingestellt."

"Die Staatsanwaltschaft Dresden hat etwa 1,2 Mio. Kommunikationsverkehrsdaten der Personen erhoben, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort befunden haben. Später hat die Staatsanwaltschaft Dresden und der Sächsische Datenschutzbeauftragte die Verwendung dieser Daten als rechtswidrig bezeichnet."

"Die Staatsanwaltschaft Dresden ist mit dem Versuch gescheitert, Massenverurteilungen zu erreichen. Die mit großer Verbissenheit und Personaleinsatz geführten Verfahren sind, selbst unter Anerkennung der Konstruktion der Staatsanwaltschaft, allenfalls dem Bereich der Bagatellkriminalität zuzuordnen. Die Angebote der Einstellungen ohne Geldauflage zeigen, dass es der Staatsanwaltschaft nur noch um eine gesichtswahrende Beendigung der Verfahren geht, ohne in der Sache eine Entscheidung zu riskieren. Die vom Staatsministerium der Justiz und für Europa weisungsabhängige Staatsanwaltschaft sichert damit strafrechtlich amtliche Deutungen über das ab, was am 19.2.2011 Recht oder Unrecht gewesen sein soll. Zudem sollen offenbar rechtzeitig vor 13.2 2013 politische Signale gesetzt werden, dass mit aller Härte gegen Platzbesetzer vorgegangen werden wird."

"Ich bin glücklich, dass die schwarz-gelbe Staatsregierung und die Staatsanwaltschaft Dresden mit ihrem Versuch gescheitert sind, den friedlichen Protest in Sicht- und Hörweite zu kriminalisieren und abzuschrecken. Diejenigen Dresdnerinnen und Dresdner, die den 19.2.2011 erlebt haben, habe diese Kriminalisierung ohnehin nie übernommen. 2012 ist es gelungen, den friedlichen Protest in Sicht- und Hörweite ungehindert von der Polizei durchzusetzen. Dieser zivilgesellschaftliche Fortschritt ist den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr zu nehmen."

» Vollständige Erklärung des Abgeordneten Lichdi im Wortlaut