PM 2013-197: Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung ab vollendetem 1. Lebensjahr tritt in Kraft
Morgen, am 1. August, tritt der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung ab dem vollendeten 1. Lebensjahr in Kraft. Ein Gutachten des Juristischen Dienstes des Sächsischen Landtags macht deutlich, dass damit für Eltern die Möglichkeit zur Klage besteht, wenn kein Platz fürs Kind vorhanden ist. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte das Gutachten in Auftrag gegeben.
"Ab dem 1. August gilt das subjektive Recht auf frühkindliche Förderung für das einzelne Kind. Damit steht den Eltern der Klageweg offen, wenn zum geforderten Zeitpunkt kein Platz zur Verfügung steht. Landkreise und kreisfreie Städte müssen sowohl mit Verpflichtungsklagen als auch mit zivilrechtlichen Verfahren rechnen", erläutert Annekathrin Giegengack, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin.
"Die Eltern haben außerdem ein umfassendes Wunsch- und Wahlrecht bei der Form der außerfamiliären Betreuung. Das heißt, sie entscheiden, ob das Kind in einer Einrichtung eines freien bzw. öffentlichen Trägers oder in der Tagespflege betreut werden soll. Feste Richtwerte hinsichtlich der Öffnungszeiten der Einrichtung und der Erreichbarkeit gibt es jedoch nicht. Gleiches gilt für den Anspruch auf ganztägige Betreuung. Als Mindestbetreuungszeit werden sechs Stunden pro Tag genannt."
"Um dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr gerecht zu werden, ist aber nicht nur die Anzahl der Krippen- und Kita-Plätze entscheidend. Wir brauchen ausreichend Personal. Das gilt insbesondere für Sachsen", sagt Giegengack.
In der Anfang Juli veröffentlichten Bertelsmann-Studie "Länderreport frühkindliche Bildungssysteme wurde deutlich, dass der Freistaat beim Betreuungsschlüssel, also ErzieherInnen pro Kind bundesweit hinten liegt. Die Autoren der Studie empfehlen für Kinder unter drei Jahren einen Schlüssel von 1:3, in Sachsen betreut eine Erzieherin laut Studie mehr als Kinder (6,1).
"Die GRÜNE-Fraktion hat schon im April von der Staatsregierung eine regionalisierte Studie zum Personalbedarf in der Kindertagesbetreuung gefordert, um lokale Engpässe beim Kitapersonal zu vermeiden. Die unterschiedlichen Quoten bei der Betreuung von Kleinkindern in Sachsen weisen deutlich auf einen unterschiedlichen Personalbedarf hin", erklärt die Bildungspoltikerin.
"Im Erzgebirge werden 38,7 Prozent der bis zu Zweijährigen außerhalb der Familie betreut, in Nordsachsen sind es hingegen 64,4 Prozent. Dresden plant mit einer Betreuungsquote von 86 Prozent. Zudem ist in den großen Städten mit weiter steigenden Kinderzahlen zu rechnen."
Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Staatsregierung eine Prognose zum Bedarf in der Studie "Den demographischen Wandel gestalten – Lebenslanges Lernen und Innovationsfähigkeit befördern" erheben würde. Allerdings sollen die Zahlen nicht veröffentlicht werden. "Wem dieses heimliche Werkeln nützen soll, ist unklar", sagt Giegengack.
"Welche Faktoren Kindertageseinrichtungen zu erfolgreichen Bildungseinrichtungen machen, weiß die Staatsregierung auch durch eine von ihr in Auftrag gegebene Studie. Dies sind: eine gute pädagogische Konzeption, ausreichend Fachpersonal, das diese umsetzten kann, faire Rahmenbedingungen, und vor allem Zeit."
"Mit den von der Staatsregierung zusätzlich geplanten fünf Millionen Euro pro Jahr lässt sich am Betreuungsschlüssel nichts drehen. Wir haben mit der Vorlage eines Gesetzentwurfes zur "Stärkung von Kindertageseinrichtungen in Ortsteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf im Freistaat Sachsen" aber gezeigt, dass mit diesem Geld immerhin eine gezielte Förderung z.B. von Kitas in sozialen Brennpunkten."
Hintergrund:
» GRÜNER Gesetzentwurf "Gesetz zur Stärkung von Kindertageseinrichtungen in Ortsteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf im Freistaat Sachsen" (Drs. 5/10649)
» Eckpunkte Juristisches Gutachten