PM 2013-202: 17 neue Vorschläge für weitere 3.428 Hektar Überflutungsflächen in Sachsen
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag hat heute Vorschläge zur Schaffung von mehr Überflutungsflächen in Sachsen vorgelegt.
Diese umfassen 17 neue Überflutungsgebiete – allein an den vier Flüssen Elbe, Zwickauer Mulde, Freiberger Mulde und (vereinigte) Mulde – mit einer Gesamtfläche von insgesamt 3.428 Hektar in ehemaligen Flussauen.
"Das Juni-Hochwasser 2013 hat gezeigt, dass die Hochwasserschutzpolitik in Sachsen dringend neu ausgerichtet werden muss", so Gisela Kallenbach, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion. "Wir brauchen mehr Überflutungsflächen. Technische Bauten allein verschieben die Flut nur auf die Unterlieger. Wir erwarten, dass unsere Vorschläge von der Staatsregierung vorurteilsfrei, sorgfältig und umfassend geprüft werden."
"Bei den vorgeschlagenen Flächen handelt es sich zum Teil um Erweiterungen der vorgeschlagenen Flächen aus dem sächsischen Hochwasserschutzkonzept, die selber noch immer nicht umgesetzt wurden", so Oliver Harms vom Auen-Institut Rastatt, das die Untersuchung vorgenommen hat. "Teilweise enthalten die Flächen punktuelle Bebauungen, wie etwa Einzelgebäude, für die spezielle Lösungen gefunden werden müssen."
"An den kleineren Flüssen in Sachsen können zudem weitere ehemalige Auenflächen für den Hochwasserschutz reaktiviert werden. Natürliche Auenflächen ohne Schutzgüter sind die besten Hochwasserschutzflächen. Technischer Hochwasserschutz sollte nicht für Waldflächen oder landwirtschaftliche Flächen eingesetzt werden."
Im sächsischen Hochwasserschutzkonzept waren einstmals 49 Maßnahmen mit einem Gesamtumfang von 7.500 Hektar Überflutungsfläche vorgesehen. Im Jahr 2013 wurde bekannt, dass das Umweltministerium sich still und heimlich von etlichen Maßnahmen verabschiedet hatte und nur noch mit 5.000 Hektar Überflutungsfläche plante. Bis zum Jahr 2013 waren nur zwei Maßnahmen mit 111 Hektar umgesetzt.
"Im bisherigen Hochwasserschutzkonzept handelt es sich nur bei 3.113 (von insgesamt 7.511) Hektar um echte Deichrückverlegungen", so Harms. "Die größten Flächen an Elbe und Mulde werden in der Zwischenzeit als gesteuerte Polder geplant, die sich nur schwer mit bestehenden Schutzgebieten vereinbaren lassen. Dies wird die Planung und die Umsetzung unnötig verlängern. Einige sogenannte Deichrückverlegungen betreffen nur Verwallungen, die schon heute bei kleinen Hochwässern überflutet werden können und deshalb keine Verbesserung des Hochwasserschutzes bringen werden. Das ist Etikettenschwindel!", so Harms. "Unsere eigenen 17 Vorschläge mit 3.428 Hektar verbessern somit den Umfang des Hochwasserrückhaltes enorm und würden auch die Unterlieger in den anderen Bundesländern, vor allem in Sachsen-Anhalt, besser schützen."
Kallenbach schlug vor, dass der Umweltausschuss sich im nächsten Jahr verstärkt für den Hochwasserschutz engagieren solle.
"Ich würde mich freuen, wenn Umweltminister Frank Kupfer und die Landestalsperrenverwaltung ihre Selbstherrlichkeit in der Hochwasserschutzpolitik aufgeben. Denn mit dieser Linie sind sie öffentlich und für alle ersichtlich gescheitert. Die Kommunikation mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern muss dringend verbessert werden. Hier und da ist eine Entschuldigung für falsche Schuldzuweisungen angebracht."
"Hinsichtlich der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen wünsche ich mir eine Änderung der Politik in Sachsen. Eine im Hochwasserfall notwendige Entschädigung ist volkswirtschaftlich günstiger, als Schäden an Ortschaften oder Infrastruktur hinzunehmen", so die Abgeordnete.
"Zudem habe ich noch keine stichhaltige Begründung erhalten, warum die bisher geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen von 7.500 auf 5.000 Hektar verringert wurden. Meine Fragen dazu wurden nur unzureichend von der Staatsregierung beantwortet. Das sollte es nach dem erneuten Hochwasser im Juni 2013 eigentlich nicht mehr geben."
mehr Informationen:
› Studie zur ökologischen Überprüfung der Hochwasserschutzstrategie des Freistaates Sachsen Teil 2
› Anhang 1: HWSK-Sachsen-Teil 2 Karten
› Anhang 2: HWSK-Sachsen-Teil 2 Steckbriefe
› Das WWF-Auen-Institut und Dipl. Geoökologen Oliver Harms
› Kleine Anfrage "Finanzielle Ausgaben für Hochwasserschutzmaßnahmen mit Retentionsflächen 2002 bis 2013" (Gisela Kallenbach, GRÜNE, Drs. 5/12217)
› Kleine Anfrage "Stand der realisierten Deichrückverlegungen 2002 bis 2013 – Vorbeugender Hochwasserschutz in Sachsen" (Gisela Kallenbach, GRÜNE, Drs. 5/12218)