Datum: 21. Januar 2013

PM 2013-22: Tappte der Verfassungsschutz mal wieder im Dunkeln?

Zur heutigen Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses im Sächsischen Landtag erklärt Miro Jennerjahn, Obmann der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

"Tappte der Verfassungsschutz mal wieder im Dunkeln? Der sächsische Verfassungsschutz observierte im Jahr 2000 einen Rechtsextremen in der Friedrich-Viertel-Straße in Chemnitz. Also genau in jener Straße, im dem das NSU-Terror-Trio 1998 seinen ersten Unterschlupf gefunden hatte."

"Leider konnte sich Dr. Vahrenhold, Vizes des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), in der heutigen Sitzung  noch nicht einmal an seine eigene Aussage vor dem Untersuchungsausschuss im Dezember erinnern. Er hatte dem Ausschuss damals mitgeteilt, dass das LfV im Frühjahr 2000 zwei konspirative Wohnungen in der Friedrich-Viertel-Straße in Chemnitz angemietet hatte, um die Kontakte eines Rechtsextremisten aufzuklären. Ein Kontakt der observierten Person mit dem Trio konnte damals nicht festgestellt werden. Auf meine Frage, ob es sich bei dem observierten Rechtsextremisten um Thomas R. gehandelt habe, der dem Trio im Januar und Februar 1998 Unterschlupf in seiner Wohnung in der Friedrich-Viertel-Str. 85 in Chemnitz gewährte, antwortete Dr. Vahrenhold, er könne sich nicht erinnern."

"Deutlich wurde in der Vernehmung außerdem, dass das LfV die Vorschriften, wann es Kenntnisse über mögliche Straftaten der Polizei nicht mitteilen muss, sehr weit auslegt. Zu häufig – so musste ich feststellen – ging der Schutz der Quellen vor."

Nach Paragraf 13 Verfassungsschutzgesetz muss das LfV seine Erkenntnisse zu etwa von Neonazis begangene Straftaten dann der Polizei nicht mitteilen, wenn die Interessen des Betroffenen (etwa V-Mann) das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegt, wenn überwiegende Sicherheitsinteressen oder Belange der Strafverfolgung oder gesetzliche Übermittlungsregelungen dem entgegenstehen. In der Regel entscheidet hier das LfV selbst.

» Infos, Hintergründe, Dokumente zum NSU-Untersuchungsausschuss