Datum: 06. September 2013

PM 2013-226: Müllanhörung im Landtag – Gebührenspanne zwischen 28 und 77 Euro pro Einwohner und Jahr – gigantische Überkapazität in Sachsen

Um einen Ausweg aus der Müllkostenspirale in Ostsachsen zu finden, fand heute auf Initiative der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Sachverständigenanhörung im Umweltausschuss des Sächsischen Landtags statt.
Dabei ging es um den grünen Antrag "Weitere Steigerung der Müllgebühren in Ostsachsen stoppen – Autarkieverordnung für gemischte Siedlungsabfälle in Sachsen einführen".
"Die Beiträge der Experten haben gezeigt, wie explosiv das Thema Müllentsorgung in Sachsen ist. Die Situation ist bereits heute sozial unausgewogen. Wir haben aktuell eine Gebührenspanne zwischen 28 und 77 Euro Abfallgebühr pro Einwohner und Jahr innerhalb Sachsens", erläutert Gisela Kallenbach, umweltpolitische Sprecherin der GRÜNEN-Landtagsfraktion.
"Zusätzlich gibt es in Sachsen eine gigantische Überkapazität bei den Abfallentsorgungsanlagen. Künftig wird in Sachsen ein Abfallaufkommen erwartet, das nur noch 50 Prozent der Kapazität dieser Anlagen bedient. Umso wichtiger ist es, zu verhindern, dass sächsischer Müll weiter exportiert wird."
"Sächsische Abfallanlagen müssen in den nächsten Jahren in ihrer Kapazität zurückgebaut werden. Die ersten Anlagen sind bald abgeschrieben. Eine mögliche Umwidmung von der Abfallentsorgung hin zu Sortieranlagen mit dem Schwerpunkt Bioabfall könnte ein Teil der Problemlösung sein."
"Es muss jetzt eine interkommunale Zusammenarbeit unter Moderation der sächsischen Staatsregierung beginnen. Ich sehe darin auch eine moralische Verpflichtung der CDU-geführten Landesregierung. Insbesondere beim Vertragsabschluss des Regionalen Abfallverbandes Oberlausitz-Niederschlesien (RAVON) mit der TA Lauta in den neunziger Jahren hat sie ihre Fachaufsicht extrem vernachlässigt. Das ihr unterstellte Regierungspräsidium hat einen Vertrag genehmigt, der zu einem solch eklatanten Nachteil des Zweckverbandes RAVON und der Gebührenzahler ausgelegt war, dass sich mehrere Sachverständige heute in der Anhörung fassungslos zeigten. Die Frage nach einer möglichen Haftung stand im Raum", sagt die Abgeordnete.
"Diese dramatische Vernachlässigung der Fachaufsicht des Regierungspräsidiums beim Vertragsabschluss des RAVON mit der TA Lauta muss untersucht werden."
Als Sachverständigen konnte die GRÜNE-Landtagsfraktion Thomas Obermeier, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Abfallwirtschaft e. V. für die Anhörung gewinnen.
Sein Fazit der Anhörung: "Die Entsorgung von gemischten Siedlungsabfällen außerhalb Sachsens ist ökologisch nachteilig und gefährdet das Gebührengleichgewicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Freistaat. Dem RAVON hilft die im GRÜNEN-Antrag vorgeschlagene Autarkieregelung, allerdings nur dann, wenn der Zweckverband oder die Kommunen Eigentümer der TA Lauta werden."
» Der grüne Antrag "Weitere Steigerung der Müllgebühren in Ostsachsen stoppen – Autarkieverordnung für gemischte Siedlungsabfälle in Sachsen einführen" (Drs. 5/11963) » Kleine Anfrage "Preisentwicklung zwischen RAVON und Müllverbrennungsanlage T.A. Lauta (Landkreis Bautzen und Görlitz)" (05.06.2013, Drs. 5/11904) » Kleine Anfrage "Aktuelle Entwicklungen in der Müllverbrennungsanlage TA Lauta (Landkreis Bautzen)" (17.04.2013, Drs. 5/11555)

Hintergrund:
Ziel des GRÜNEN-Antrags ist es, durch eine so genannte "Autarkieverordnung" nach dem Vorbild Baden-Württembergs dafür zu sorgen, dass sächsischer Siedlungsabfälle nicht exportiert, sondern in Sachsen verwertet werden müssen. Somit könnten auch die Gebühren für die Bürgerinnen und Bürger im Gebiet des Ravon-Zweckverbandes sinken.
Die jährlichen Strafzahlungen des RAVON an die TA Lauta von aktuell 3,1 Millionen Euro werden nicht mit Vertragsabschluss, wie bisher behauptet, im Jahr 2028 enden, sondern erst 2033. Die TA Lauta hat eine einseitige fünfjährige Verlängerungsoption. Da die Eigentümer Vattenfall Europe AG und STEAG GmbH mit diesem Knebelvertrag Strafzahlungen für nicht verbrannten Müll bekommen, werden sie sich diese Lizenz zum Gelddrucken nicht entgehen lassen. Immerhin winken ihnen bis zum Jahr 2033 Strafzahlungen des RAVON von bis zu 100 Millionen Euro.
Laut Antwort von Umweltminister Frank Kupfer (CDU) auf die Kleine Anfrage "Preisentwicklung zwischen RAVON und Müllverbrennungsanlage T.A. Lauta (Landkreis Bautzen und Görlitz)" wird der Preis bis zum Jahr 2028 auf circa 130 Euro pro Tonne netto steigen. Im Jahr 2013 muss der RAVON ein Entgelt von 119 Euro je Tonne netto zahlen. Im Jahr 2006 waren es nur 104 Euro je Tonne netto.