PM 2013-26: Bericht des Datenschutzbeauftragten – Grüne: Bezug der vernichteten Akten zum NSU weiter offen
Zum heute vorgestellten Bericht des Sächsischen Datenschutzbeauftragten, Andreas Schurig, zur Vernichtung von Akten im Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen in den Jahren 2011 und 2012 erklärt Johannes Lichdi, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
"Die zentrale Frage, ob unter den 874 seit dem Bekanntwerden des Terrortrios vernichteten Einzelstücken aus dem rechtsextremistischen Bereich Erkenntnisse mit Bezug zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) waren, bleibt weiter offen. Diesen Fakt hat der Datenschutzbeauftragte nicht geprüft, was er eindeutig betonte. Solange diese Frage aber ungeklärt ist, gibt es keinen Anlass zur Entwarnung, auch wenn der Datenschutzbeauftragte einen Verstoß gegen Löschungsvorschriften nicht als nachgewiesen ansieht."
"Fakt ist, wenn die gelöschten Einzelstücke einen Bezug zum NSU gehabt hätten, hätten sie wegen der laufenden Ermittlungen nicht vernichtet werden dürfen. Der heutige Bericht ist daher keine Gütesiegel für das LfV. Für Innenminister Ulbig (CDU) bedeutet dies also dringenden Handlungsbedarf. Er hat keinen Grund sich zurückzulehnen."
"Der Teufel steckt wie so oft im Detail. Der Bericht des Datenschützers offenbart viele Mängel in den Arbeitsabläufen (Aktenführung, Registrierung), die in ihrer Gesamtheit die Frage aufwirft, ob wir uns eine solche Behörde weiter leisten können."
So führt der Datenschützer aus:
>> Die vom Landesamt für Verfassungsschutz angegebenen bzw. vermuteten Gründe für Löschungen (z.B. versehentliche Doppelbuchungen bzw. Doppeldruck) seien plausibel, aber nicht mehr vollständig prüfbar.<< (S. 11 des Berichts)
>> In zwei Bereichen fiel mehrfach auf, dass bei den Löschungsverfügungen keine Abzeichnung durch den Sachbearbeiter vorgenommen wurde. […] In einem Beobachtungsbereich war die Aktenführung nicht nachvollziehbar.<< (S. 11)
>> Es sei jedem Sachbearbeiter überlassen, wie der die Aktenführung gestaltet, solange der Vorgang noch nicht zu den Akten geschrieben und and Register gegangen ist. Wiederholt seien in Vorgängen aus den Jahren 2008 und davor offene oder als VS-NfD eingestufte Einzelstücke nicht registriert worden.<< (S. 12)
"Brisant erscheint auch, dass der Datenschutzbeauftragte nachgewiesen hat, dass die vom LfV gegebene Erklärung für die Aktenvernichtung gegen die vorgefundene Aktenlage spricht", so der Abgeordnete. So heißt es im Bericht S. 13: >>Aus einer dritten P-Akte wurden 5 aufeinanderfolgende Stücke vernichtet. Im Umfeld der vernichteten Stücke […], befanden sich VS-Vertraulich eingestufte Quellenberichte und Ermittlungsstücke. Dies spricht auch hier zumindest teilweise gegen die Vernichtung von Doppelstücken.<<
"Der Datenschutzbericht stellt weitreichende Forderungen auf", so Lichdi. Insbesondere sei >>für eine abgeschottete Behörde wie den Verfassungsschutz eine einheitliche, konsistente und systematische Aktenführung erforderlich.<<
» Bericht des Datenschutzbeauftragten für Sachsen (Drs. 5/11033)
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