PM 2013-274: NSU-Untersuchungsausschuss: Hat der Verfassungsschutz selbst dem Staatsschutz Informationen zum sächsischen Blood-&-Honour-Ableger verweigert?
Zum Abschluss der fünf Sitzungen des 3. Untersuchungsausschusses (neonazistische Terrornetzwerke) des 5. Sächsischen Landtags erklärt Miro Jennerjahn, Obmann der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
"Nach den intensiven Befragungen besteht der Verdacht, dass trotz aktiver Nachfrage des Staatsschutzes der Polizeidirektion Chemnitz über das vorhandene Wissen des Landesamtes für Verfassungsschutzes (LfV) über einen Führungskader der sächsischen Blood & Honour-Ablegers relevante Informationen nicht heraus gegeben wurden. Dies betrifft insbesondere die Information, dass der betreffende Führungskader auf der Suche nach einer Waffe für das NSU-Trio sei, mit der das Trio plane einen weiteren Überfall zu begehen. Die Arbeit des sächsischen Verfassungsschutzes erscheint einmal mehr in einem fragwürdigen Licht."
"Die zum Zeitpunkt des Untertauchens des Trios Bönhardt, Mundlos und Zschäpe sehr komplexe Struktur der sächsischen Polizei scheint einen relevanten Anteil daran gehabt zu heben, dass dem Trio nicht früher Einhalt geboten werden konnte. Mit dem Landeskriminalamt, den Polizeipräsidien und den nachgeordneten Polizeidirektionen gab es sehr ausdifferenzierte Strukturen, die jeweils eigenständige Staatsschutzdezernate unterhielten. In dieser Strukturvielfalt sind nach meinem Eindruck die Informationen zu dem Trio nicht systematisch genug zusammengeführt und ausgewertet worden."
"Hinzu kommt, dass in dem Bestreben den Mitwisserkreis bei verdeckten Maßnahmen, wie denen die im Mai 2000 und im September/Oktober 2000 in Chemnitz, möglichst klein zu halten, Fachwissen von Beamten vor Ort nicht in ausreichendem Maße abgefordert wurde."
"In den zurückliegenden Tagen konnten wir leider nicht klären, mit welcher Motivlage das Berliner Landeskriminalamt Thomas S. als V-Person geführt hat und inwieweit sächsische Behörden darüber Kenntnis hatten. Hier ergibt sich für mich weiterer Fragebedarf."
"Durch konzentrierte Arbeit der vergangenen fünf Tage ist es in kurzer Zeit gelungen, viele Zeugen zu befragen. So konnten Widersprüche und Unstimmigkeiten in Aussagen leichter aufgeklärt werden. Ich hoffe, dass sich die Mitglieder im Untersuchungsausschuss im ersten Quartal 2014 erneut auf dieses Modell der Zeugeneinvernahme verständigen können."
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