Datum: 01. November 2013

PM 2013-279: Militärforschung an sächsischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen muss kritisch betrachtet werden

Auch an sächsischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen wird in vielen Projekten Militärforschung betrieben. Das ergab eine Kleine Anfrage des hochschulpolitischen Sprechers der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, Dr. Karl-Heinz Gerstenberg.
"Den meisten Studierenden und Wissenschaftlern wird kaum bekannt sein, dass an ihrer Hochschule aktiv für militärische Zwecke geforscht wird", so Gerstenberg. "Dabei stünde den sächsischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen eine kritische Debatte über die zunehmende Militärforschung gut zu Gesicht. Dies ist umso wichtiger, da selbst gegenüber dem Landtag Projekte geheim gehalten werden."
Nach Angaben der Staatsregierung wurden seit 2009 17 Forschungsprojekte im Umfang von knapp 6,3 Mio. Euro durchgeführt. Eine Kleine Anfrage im Jahr 2011 hatte ein Gesamtmittelaufkommen im Bereich militärischer Forschung in Höhe von nur 1,5 Millionen Euro seit 2006 ergeben. Inhaltlich ging es bei den verschiedenen Projekten unter anderem um die Entwicklung neuer Metalllegierungen für Waffenrohre und Panzerungen, Forschung zum Lärm- und Feldlagerschutz der Bundeswehr sowie Forschung zum Schutz vor biologischen Kampfstoffen. Unklar ist, inwiefern vom Wissenschaftsministerium auch sogenannte Dual-Use-Projekte aufgeführt werden, also zivile Forschungsprojekte, deren Ergebnisse auch militärisch verwendet werden dürfen. Ebenso ist der Antwort zu entnehmen, dass noch weitere militärische Forschungsprojekte durchgeführt werden, die zur Interessenwahrung Dritter jedoch nicht mit aufgeführt wurden.
In den letzten fünf Jahren wurde an der TU Dresden (9 Projekte, 5,1 Mio. Euro), der Universität Leipzig (2 Projekte, 171.000 Euro) sowie der TU Bergakademie Freiberg (3 Projekte, 429.000 Euro) in verschiedenen Projekten mit militärischem Bezug geforscht. Hinzu kommt das Leibnizinstitut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (3 Projekte, 598.000 Euro). Das mit Abstand größte Projekt im Umfang von rund 2,3 Mio. Euro wird an der TU Dresden im Bereich der Posttraumatischen Stressbelastung und psychischen Störungen bei Soldaten betrieben.
"Zu einer Wissenschaft mit Verantwortung gehört auch der kritische Umgang mit Rüstungsproduktion und Rüstungsexporten. Die Hochschulen in Sachsen sollen nach meiner Überzeugung friedliche Zwecke verfolgen. Deshalb ist die Einführung von Zivilklauseln in ihre Grundordnungen sinnvoll. Dadurch würde Militärforschung zumindest transparent gemacht und möglichst ausgeschlossen", so der Hochschulpolitiker.
An einigen deutschen Universitäten wird seit Jahren eine intensive Diskussion um die Einführung von Zivilklauseln geführt. Intensive Debatten um eine Zivilklausel gab es unter anderem am Karlsruhe-Institut für Technologie oder der Universität Köln, wo jeweils zwei Drittel der Studierenden für die Einführung einer solchen Klausel stimmten. An der Universität Bremen existiert seit 1986 eine Zivilklausel, nach der jede Beteiligung von Wissenschaft und Forschung mit militärischer Nutzung bzw. Zielsetzung abzulehnen ist. Auch die TU Berlin, die TU Dortmund sowie die Universitäten Konstanz und Oldenburg weisen eine Zivilklausel auf. Zuletzt verpflichtete sich die Universität Tübingen zur ‚Friedlichkeit‘ ihrer Forschungsaktivitäten.
› Kleine Anfrage ‚Militärische und sicherheitstechnische Forschung in Sachsen seit 2009‘ (Drs 5/12635), Dr. Karl-Heinz Gerstenberg (GRÜNE)