PM 2013-34: Länderfinanzausgleich: Reform statt unproduktiver Neiddebatte
Zu den Plänen der Länder Bayern und Hessen gegen das bestehende System des Länderfinanzausgleichs vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen, erklären Antje Hermenau und Anja Siegesmund, Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen und Thüringen:
"Das Wahlkampfgedonner aus München und Wiesbaden setzt auf Polemik, Vorurteile und Entsolidarisierung – nicht nur, aber auch gegenüber den ostdeutschen Ländern. Damit heizen Horst Seehofer (CSU) und Volker Bouffier (CDU) eine unproduktive Neiddebatte an und behindern die ohne Frage dringend notwendigen überregionalen Verhandlungen zu einem neuen Länderfinanzausgleich."
"Seehofer und Bouffier erwecken den Eindruck, als wäre der Länderfinanzausgleich vom Himmel gefallen. Dabei wurde er 2001 gemeinsam zwischen der rot-grünen Bundesregierung und den CDU-geführten Ländern vereinbart. Der Kanzler und die Ministerpräsidenten hatten sich damals auf einen Kompromiss geeinigt, der die westdeutschen Länder in Bezug auf die Ausgleichspflicht gegenüber Ostdeutschland insofern schonte, als dass die kommunale Finanzkraft nur zu zwei Dritteln in der Gesamtrechnung anerkannt wurde. Damit wurde ein Länder wie Bayern künstlich arm und Länder wie Sachsen und Thüringen künstlich reich gerechnet. Die Differenz aus diesem gewollten Rechenfehler hat der Bund geschultert, in dem er den Solidarpakt II auf sich nahm. Beides läuft gemeinsam 2019 aus."
"Uns ostdeutschen Fraktionsvorsitzenden ist klar, dass es keinen Solidarpakt III geben wird. 30 Jahre nach dem Fall der Mauer ist das nicht mehr zu erwarten. Der Länderfinanzausgleich hat jedoch den Auftrag, die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkraft der Länder in der Bundesrepublik widerzuspiegeln. Die Ungerechtigkeiten im derzeitigen System müssen daher dringend in Richtung eines transparenten und fairen Umverteilungssystems reformiert werden, das für alle Länder tragbar ist. Die leistungsfähigeren Länder brauchen höhere Eigenanteile am Ertrag der Steuern. Und die weniger leistungsfähigen Länder klügere Kriterien als die Anzahl ihrer Einwohner."
"In den ostdeutschen Ländern ist die wirtschaftliche Finanzkraft nach wie vor drastisch niedriger und die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte deutlich geringer als in den meisten alten Ländern. Hinzu kommt der demografische Handlungsdruck, der die Angleichung der Lebensverhältnisse als grundgesetzlichen Auftrag."
"Die GRÜNEN haben die Problematik erkannt und daher bei Frau Prof. Nathalie Behnke (Universität Konstanz) ein Gutachten beauftragt, wie eine systematische Neuausrichtung der deutschen Finanzverfassung nach 2020 aussehen könnte. Frau Behnke hat daraus mittlerweile ein Modell entwickelt. Wichtige Grundsätze, die sich daraus ableiten lassen, sind z.B. die Stärkung des Leistungsprinzips sowie die Frage, nach welchen objektiven Bedarfskriterien das Umsatzsteueraufkommen an die einzelnen Länder fließt, die sich mit demografischen, sozialen und geografischen Herausforderungen regional unterschiedlich auseinander setzen müssen."
Hintergrund:
Ziele der Reform müssen nach Ansicht der GRÜNEN sein:
- ein höherer Anreiz für die Bundesländer, sich stärker um eigene Einnahmen zu bemühen
- Planungssicherheit für Länder mit besonderen Belastungen (Demografie, Sozialausgaben) durch die Einführung objektiver Bedarfskriterien
- Das im Grundgesetz verankerte Ziel auf gleichwertige Lebensverhältnisse in den Bundesländern muss gewährleistet bleiben