Datum: 28. Januar 2014

Urteil gegen Nazis in Hoyerswerda: Das Urteil hinterlässt einen faden Beigeschmack

(2014-17) Das Urteil im Prozess gegen acht angeklagte Neonazis, die im Oktober 2012 zwei Menschen in Hoyerswerda massiv bedroht hatten, kommentiert Miro Jennerjahn, Rechtsextremismusexperte der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag und Prozessbeobachter:
"Das Urteil hinterlässt einen faden Beigeschmack. Zwar ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft positiv anzurechnen, dass sie bei den zur Rede stehenden Delikten Beleidigung und Bedrohung ans obere Ende des Strafrahmens gegangen sind. Dennoch wurde nach meinem Eindruck die politische Dimension der Straftaten nicht ausreichend berücksichtigt."
"Insbesondere die Feststellung des Richters, für die Angeklagten gebe es eine positive Sozialprognose, wirft Fragen auf. Die Angeklagten sind zweifelsfrei Angehörige der rechtsextremen Szene in Hoyerswerda, einige von ihnen sind einschlägig vorbestraft wegen Körperverletzung, schwerer Körperverletzung, Beleidigung, Bedrohung und weiterer Straftaten. Dass von den verhängten Bewährungsstrafen eine abschreckende Wirkung eintritt und die Angeklagten – wie vom Richter unterstellt – künftig keine Straftaten mehr begehen werden, erscheint fragwürdig."
"Spannend war der Prozessverlauf leider in anderer Hinsicht. Zu sehen waren Neonazis, die sich sehr sicher fühlen und keinerlei Respekt oder Angst vor dem Rechtsstaat zeigen. Zu sehen waren Polizisten, die vor Neonazis kapitulieren bzw. wissen, dass sie keine Chance haben und Zeugen, die aus Angst vor den Nazis nichts sagen und erhebliche Erinnerungslücken aufweisen."
"Von dem Prozess ist heute leider auch das fatale Signal in Richtung der Opfer ausgegangen, dass der Rechtsstaat sie nur ungenügend schützen kann."