Chancen auf einen guten Schulabschluss sind innerhalb Sachsens höchst unterschiedlich
(2015-226) Die Chancen auf einen guten Schulabschluss sind innerhalb Sachsens höchst unterschiedlich. Sowohl bei der Anzahl als auch bei der Art der Abschlüsse zeigen sich regional große Unterschiede. Das ist das Ergebnis einer Kleinen Anfrage von Petra Zais, der bildungspolitischen Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag. Sie hatte in einer weiteren Anfrage bereits die Unterschiede bei der Vergabe der Bildungsempfehlung thematisiert und auf den Zusammenhang mit dem Schulangebot vor Ort hingewiesen.
"Die Vergabe von Abschlüssen hängt unmittelbar mit dem Schulangebot vor Ort zusammen. Es ist wichtig, dass Bildungswege durchlässig und anschlussfähig sind. Das ist aus meiner Sicht nicht überall in Sachsen gegeben", kritisiert Zais.
Insgesamt verließen im Jahr 2014 zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildenden Schulen mit einem Hauptschulabschluss. 51,9 Prozent erwarben einen Realschulabschluss und 29,4 Prozent das Abitur. Während in Görlitz 12,1 Prozent der Absolventinnen und Absolventen einen Hauptschulabschluss erreichten, waren es im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 7,7. Ähnlich verhält es sich beim Realschulabschluss und dem Abitur. Erwarben im Erzgebirgskreis 62 Prozent der Schülerinnen und Schüler einen Realschulabschluss, waren es in Leipzig nur 42,9 Prozent. Im Erzgebirgskreis erwarben 22,4 Prozent der Schulabgängerinnen und -abgänger die Allgemeine Hochschulreife, in Dresden hingegen 38,2 Prozent.
Wie bereits bei den Bildungsempfehlungen sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern auch bei den Abschlüssen enorm. Während jeder vierte Schüler das Abitur ablegte (25,8 Prozent), war es bei den Schülerinnen jede Dritte (33,3 Prozent). Den Hauptschulabschluss machten 11,6 Prozent der männlichen Absolventen, aber nur 8,3 Prozent der weiblichen. Geringer fielen die Unterschiede nur beim Realschulabschluss aus: 52,4 Prozent der jungen Männer und 51,4 Prozent der jungen Frauen erreichten die mittlerer Reife.
Regional reicht die Spanne noch weiter. So liegt die Zahl der Realschulabschlüsse im Erzgebirgskreis sowohl bei den männlichen wie auch den weiblichen Abgängern um 20 Prozentpunkte höher als in Leipzig (Realschulabschluss im Erzgebirge: 61,4 Prozent (männlich), 62,6 Prozent (weiblich); Realschulabschluss in Leipzig: 43,7 Prozent (männlich), 42 Prozent (weiblich)). Dies setzt sich beim Abitur fort. Während im Erzgebirgskreis 23,9 Prozent der Absolventinnen die Allgemeine Hochschulreife erlangten, waren es in Dresden 43,4 Prozent. Bei den jungen Männern schwankt die Zahl zwischen 19,9 Prozent im Landkreis Görlitz und 33,5 Prozent in Dresden.
"Gern verweist Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) beim Blick auf bundesweit vergleichsweise niedrige Abiturquoten auf das berufliche Gymnasium. Dieses bietet mit einer dreijährigen Oberstufe einen weiteren Weg zum Abitur. Das ist gut so und eröffnet weitere Bildungswege. Doch auch hier gibt es sachsenweit große Unterschiede, wie häufig dieser Weg beschritten wird. Außerdem ist der Anteil der Abiturienten an beruflichen Gymnasien bezogen auf die Gesamtzahl der Abiturienten in den vergangenen Jahren gesunken", so die Abgeordnete.
Sachsenweit wurde das Abitur 2014 zu 81 Prozent an einer allgemeinbildenden Schule erworben und zu 16,1 Prozent an einem beruflichen Gymnasium. Während im Landkreis Meißen fast ein Viertel der Abitur-Abschlüsse an einem beruflichen Gymnasium erlangt wurde (23,4 Prozent), war es in Mittelsachsen nicht einmal jeder Zehnte (9 Prozent). Die Nachfrage junger Männer nach dem "zweiten Weg zum Abitur" schwankte dabei zwischen 8,6 Prozent (Stadt Leipzig) und 25,5 Prozent (Landkreis Meißen), bei den jungen Frauen zwischen 5,7 Prozent (Landkreis Mittelsachsen) und 22,2 Prozent (Erzgebirgskreis).
Während im Jahr 2010 noch 24,4 Prozent der Absolventinnen und Absolventen die Allgemeine Hochschulreife an einem beruflichen Gymnasium ablegten, waren es 2014 nur noch 16,1 Prozent. Die Verteilung der Abschlüsse an allgemeinbildenden Schulen zeigte sich im Zeitverlauf relativ stabil. Etwa zehn Prozent aller Schülerinnen und Schüler erreichte den Hauptschul-, etwa 50 Prozent den Realschulabschluss. Knapp 30 Prozent erwarben die Allgemeine Hochschulreife.
"Damit wird eine weitere, traurige Konstante offenkundig: Etwa zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler verlassen die allgemeinbildenden Schulen ohne anerkannten Schulabschluss. Das ist für den Freistaat, der gerne als Bildungsland glänzen will, ein beschämendes Ergebnis", schlussfolgert Zais.
"Für mich steht die Frage im Mittelpunkt: Gelingt es uns, alle Schülerinnen und Schüler, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Region, entsprechend ihrer Potenziale zu fördern und zum bestmöglichen Abschluss zu führen? Nach Auswertung meiner Anfrage habe ich hinsichtlich der Bildungsgerechtigkeit im Freistaat einige Zweifel."
» Kleine Anfrage "Bildungsabschlüsse in Sachsen – Entwicklung" (Drs. 6/1712)
» Zusammenstellung einiger Ergebnisse nach Landkreisen, Abschlussarten und Geschlecht