Datum: 02. Dezember 2015

Investitionspaket/Anhörung zum „Gesetz zur Stärkung der kommunalen Investitions- und Finanzkraft“ im Landtag

(2015-407) Zur heutigen Sachverständigenanhörung des Gesetzentwurfs von CDU- und SPD-Fraktion zur Stärkung der kommunalen Investitions- und Finanzkraft erklärt Franziska Schubert, finanzpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
"Die Sachverständigenanhörung hat gezeigt, dass der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen große Mängel aufweist. Das bestätigten auch die Sachverständigen, die vom ifo Institut Dresden, dem Sächsischen Rechnungshof sowie aus Kommunen und Landkreisen kamen. Über die Kritik darf die Koalition nicht einfach hinweggehen. Es geht hier um die künftigen finanziellen Spielräume der Kommunen – diese einzuschränken, ist grob fahrlässig und geht zu Lasten vieler sogenannter weicher Faktoren. Es besteht insgesamt erheblicher Nachbesserungsbedarf im Gesetzesentwurf."
"Ich fordere die Koalition auf, nachzubessern und Sorge dafür zu tragen, dass Investitionen zur Stärkung des regionalen Wachstums, für Lebens- und Aufenthaltsqualität in Stadt und Land auch künftig möglich bleiben. Investitionen in die Lebensqualität sind ausschlaggebend, damit Menschen in eine Region kommen und bleiben. Dazu gehören gute kulturelle Angebote, ein dichtes soziales Netz, vielfältige Bildungsmöglichkeiten oder Sport. Es wird Sachsen das Genick brechen, wenn man den Kommunen ihren Gestaltungsspielraum bei den freiwilligen Aufgaben weiter beschneidet. Was nützen Brücken, neue Straßen und ähnlich schöne Hüllen, wenn keiner sie nutzt und das Leben fehlt? Straßen zahlen keine Steuern. Es kommt auf die Menschen an."
"Investive Mittel dürfen von den Kommunen – anders als im Land – nicht für laufende Ausgaben verwendet werden. Aber auch die Investition in Sanierungen und Instandsetzungen an Schulen, Kitas und Gebäuden sind Investitionen für die Zukunft. Die Oberbürgermeisterin der Stadt Chemnitz, Barbara Ludwig, weist zu Recht darauf hin, dass ‚politisch klug‘ investiert werden muss hinsichtlich der Zukunftsgestaltung in den Städten und Gemeinden. Hier muss der Investitionsbegriff deutlich flexibler gefasst werden. Investitionen gehen immer Hand in Hand mit Folgekosten und Zahlungsverpflichtungen und führen damit in den Kommunen zu Problemen, die von CDU und SPD ausgeblendet werden. Barbara Ludiwg machte hier einen guten Vorschlag: die Umwandlung von Teilen der Investitionsmittel in Instandhaltungsmittel. Ich halte das für einen gangbaren Weg."
"Problematisch ist, dass Kommunen nur dann neue Investitionen beginnen dürfen, wenn sie einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Da stellt sich die Frage, wie die finanzschwachen Gemeinden von diesem Programm profitieren sollen, wenn sie keine Investitionen beginnen dürfen. Hinzu kommt, dass Folgekosten aus diesen Investitionen im vorliegenden Gesetzentwurf nicht berücksichtigt werden. Im Zuge der Umstellung auf die doppische Buchhaltung fehlt einem Großteil der Kommunen noch die Eröffnungsbilanz – es ist hier also ein Fahren auf Sicht, was ich für fahrlässig halte."
"Was mich überrascht hat, ist das Vorgehen der Koalitionsfraktionen bei diesem Gesetzentwurf. Stefan Rix vom Sächsischen Rechnungshof hält eine Datengrundlage für wünschenswert, die den tatsächlichen Investitionsbedarf der Kommunen darstellt. Die Investitionsmittel hätten auch für Instandhaltung und Betrieb genutzt werden können. Es ist mir schleierhaft, warum sich die Goldene Regel: ‚Erhalt vor Neubau‘ nicht im Gesetzentwurf niederschlägt. Unklar bleibt auch, warum in diesem CDU/SPD-Gesetzentwurf bei aller angestrebten Planungssicherheit im investiven Bereich laufende und Folgekosten, Instandsetzung und Wartung keine Rolle spielen."
"Meine Kritik an der Errichtung weiterer Sondervermögen muss ich nach der Anhörung wiederholen. Sowohl Stefan Rix vom Sächsischen Rechnungshof als auch Professor Joachim Ragnitz, ifo Institut, bestätigten meine Kritik. Professor Ragnitz wies darauf hin, dass die Bildung von Sondervermögen >>politökonomisch problematisch sein können, weil damit eine Einschränkung des Budgetrecht des Parlamentes verbunden ist<<. Für mich steht fest, wir brauchen keine weiteren Sondervermögen, das Paket kann über den Kernhaushalt laufen. Die GRÜNE-Fraktion fordert seit jeher ein haushalterisch transparentes Verfahren. Diesem Gesetzentwurf ist nicht zu entnehmen, warum Sondervermögen eingerichtet werden müssen und woher der Landesanteil in Höhe von 322 Millionen genommen wird. Professor Ragnitz hat dem Entwurf >>eine Reihe von Besonderheiten und Ungereimtheiten<< attestiert."
"Wenn ich als Abgeordnete einem Gesetz zustimmen soll, noch dazu mit solchen finanziellen Auswirkungen, dann möchte ich genau wissen, worüber ich abstimme. Das ist dem Gesetzentwurf an vielen Stellen nicht zu entnehmen."
» Gesetzentwurf der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion (Drs. 6/3187)