Datum: 30. November 2015

Unterfinanzierter ÖPNV in Sachsen: Angebot im Schienennahverkehr verringerte sich seit 2008

(2015-402) "Die Zahlen sind ernüchternd, aber nicht überraschend: Der Rückgang der angebotenen jährlichen Zugkilometer im Schienenpersonennahverkehr zwischen 2008 und 2012 in Sachsen um knapp sechs Prozent ist die Folge der Kürzungspolitik der CDU-geführten Landesregierungen", kommentiert Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion, die Antworten von Minister Martin Dulig (SPD) auf ihre aktuelle Kleine Anfrage zur Entwicklung der Verkehrsleistung in Sachsen.
Auf dem Gebiet des Zweckverbandes für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) sank das Angebot an Zugkilometern in den Jahren von 2008 bis 2012 sogar um mehr als 22 Prozent, beim Zweckverband Vogtland (ZVV) um knapp acht Prozent. Aktuellere Zahlen war die Staatsregierung nicht bereit offenzulegen.
"Die Antworten von Verkehrsminister Dulig zeigen: Die Kürzungspolitik bei den Verkehrsverbünden hat sich negativ auf die Anzahl der bestellten Zugkilometer in Sachsen ausgewirkt. Diese sind aber ein Kriterium bei der Neuregelung der Verteilerquoten der Regionalisierungsmittel des Bundes unter den Ländern", erklärt Meier.
"Jetzt erhält Sachsen die Quittung für die verfehlte CDU-Kürzungspolitik der letzten Jahre. Bei der Neuverteilung der Regionalisierungsmittel werden wir deutlich weniger vom Kuchen abbekommen. Dieser Schaden ist hausgemacht."
"Andere Bundesländer haben in der Zwischenzeit beim Nahverkehr offensiv investiert und Kampagnen für den Umstieg auf Bus und Bahn organisiert. Mit positiven Ergebnissen, für die sie jetzt belohnt wurden. Im CDU-regierten Sachsen der letzten Jahre undenkbar. Umso mehr enttäuscht mich auch die aktuelle Antwort von Minister Dulig nach den sächsischen Zielen für die Erhöhung des Fahrgastaufkommens oder den Ausbau des Angebotes an Zugkilometern", sagt Meier.
"Die Staatsregierung zeigt keine Ambitionen, eigene Konzepte zu entwickeln sondern überlässt schicksalsergeben alles den Zweckverbänden. Diese sind aber finanziell direkt von der Staatsregierung abhängig."
Sachsen hat in den vergangenen Jahren als bundesweites Schlusslicht den Verkehrsverbünden nur noch 75 Prozent dieser Bundesmittel weitergereicht. Andere Länder, wie Baden-Württemberg wollen die Fahrgastzahlen des ÖPNV von 2014 bis 2030 verdoppeln und Schleswig-Holstein bis 2030 die Anzahl der Personenkilometer im SPNV immerhin um 50 Prozent steigern.
"Minister Dulig hat es bei den letzten Haushaltsverhandlungen versäumt, die Auszahlung der Regionalisierungsmittel an die sächsischen Verkehrszweckverbünde deutlich zu erhöhen. Wir GRÜNE halten in Anbetracht der ernüchternden Zahlen die Forderung nach einer deutlich höheren Auszahlung der Regionalisierungsmittel aufrecht. Denn statt das Angebot zu reduzieren, gilt es, den Schienenverkehr in Sachsen endlich auszuweiten, um gerade auch für den ländlichen Raum einen leistungsfähigen Eisenbahn-Nahverkehr anbieten zu können."
» Kleine Anfrage von Katja Meier "Entwicklung der Verkehrsleistung (Zug- und Personenkilometer, Fahrgastaufkommen, Zugauslastung) im Öffentlichen Schienenpersonennahverkehr in Sachsen zwischen 2005 und 2015" (Drs. 6/3099)

Zweckverband  Jahr   Jährl. Angebotsleistung Entwicklung 2008-2012 [Zug-km/a]
ZVNL

2008

2010

2012

9.668.900,00

8.941.666,00

7.528.080,00

-22,1%
ZVOE

2008

2010

2012

8.513.830,00

8.546.773,00

8.770.269,00

+3,0%
ZVMS

2008

2010

2012

8.136.465,00

8.834.014,00

7.881.395,00

-3,1%
ZVON

2008

2010

2012

3.997.774,00

4.059.337,00

4.528.970,00

+13,3
ZVV

2008

2010

2012

3.603.947,00

3.576.586,00

3.331.099,00

-7,6
Sachsen

2008

2010

2012

33.920.916,00

33.958.376,00

32.039.813,00

-5,6

Hintergrund:
Regionalisierungsmittel sind Fördergeld, das der Bund den Bundesländern aufgrund des Regionalisierungsgesetzes (RegG) seit 1996 jährlich zur Verfügung stellt. Die Regionalisierungsmittel des Bundes sind dafür gedacht, den einst vom Bund auf regionaler Ebene finanzierten Verkehr auch in Regie der nun verantwortlichen regionalen Zweckverbände aufrechtzuerhalten. Jährlich erhält der Freistaat Sachsen Regionalisierungsmittel vom Bund zur Sicherung insbesondere eines leistungsfähigen Schienenpersonennahverkehrs (SPNV). Seit 2010 hat die Staatsregierung nur noch 74 Prozent dieser Mittel direkt an die Zweckverbände weitergereicht. 2015 sind zwar knapp 80 Prozent vorgesehen, bundesweit bleibt Sachsen damit aber auf dem letzten Platz.
Der von der Verkehrsministerkonferenz in Kiel am 2. Oktober 2014 beschlossene Kieler Schlüssel regelt die Verteilung der vom Bund an die Länder vergebenen Regionalisierungsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr.
Sachsen erhielt bis 2014 konstant einen Anteil von 7,16 Prozent. Aufgrund der Reduzierung beider Parameter wird dieser Anteil bis zum Jahr 20130 auf nur noch 5,3 Prozent sinken. Damit stehen im Jahr 2030 ca. 26 Prozent weniger Mittel zur Verfügung als bei Fortführung der bisherigen Regelung.