Zweite Fremdsprache – Jedes Los gewinnt? GRÜNE: Zugang nicht dem Zufall überlassen!
(2015-356) Zum Schuljahr 2015/16 wurde an fast jedem fünften Gymnasium der Zugang zur zweiten Fremdsprache ausgelost. Insgesamt waren 29 Schulen mit 87 Klassen betroffen, 190 Schülerinnen und Schüler wurden umgelenkt. Nach einem leichten Rückgang im Schuljahr 2014/15 (23 Schulen mit 65 Klassen und 144 betroffenen Schülerinnen und Schülern) mussten nun wieder mehr Jugendliche auf ihr Losglück vertrauen, um die gewünschte Fremdsprache lernen zu können.
Diese Zahlen hat Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit Hilfe parlamentarischer Anfragen in Erfahrung gebracht.
Am häufigsten gab es zum Schuljahr 2015/16 bei Latein und Französisch mehr Bewerberinnen und Bewerber als Plätze (Losverfahren an 13 bzw. zehn Schulen), an sechs Gymnasien wurde der Zugang zu den Russisch-Klassen verlost, an jeweils einer der Zugang zu Spanisch und Tschechisch. An zwei Gymnasien waren sogar zwei Sprachen so gefragt, dass gelost werden musste. Elf Schulen mussten sich bereits im Vorjahr bei der Bildung der Sprachgruppen mit dem Losverfahren behelfen.
"Die Auslosung des Zugangs zur zweiten Fremdsprache beobachte ich mit Skepsis und Sorge", kommentiert Petra Zais diese Zustände.
"Skeptisch macht es mich, wenn es nicht um zwei, drei Kinder pro Schule geht, deren Umlenkung ich aus planungspolitischer Perspektive sogar noch nachvollziehen könnte, ohne sie freilich gutzuheißen. Völlig absurd wird es dagegen, wenn an einem Gymnasium praktisch eine ganze Klasse, nämlich 26 Schülerinnen und Schüler, umgelenkt werden und nun statt Russisch Französisch im Stundenplan haben. Auch zwischen zehn und 14 betroffene Schülerinnen und Schüler pro Schule sind keine Seltenheit."
"Insgesamt 144 betroffene Schülerinnen und Schüler mag angesichts der Gesamtschülerzahl in Klasse fünf der Gymnasien (12.781 im Schuljahr 2014/15) gering erscheinen. Doch jede und jeder Einzelne, die bzw. der eine Sprache zugelost bekommt, die sie/er nicht erlernen wollte, ist eine bzw. einer zu viel. Diese Schülerinnen und Schüler für ihre ‚Los-Sprache‘ zu motivieren, dürfte ungleich schwerer sein, als bei Erlernen der gewünschten Sprache. Für Schülerinnen und Schüler und Eltern ist es ein Affront, denn oft genug ist gerade das Sprachangebot ausschlaggebend bei der Wahl der weiterführenden Schule. Bisher ist das Losverfahren rechtlich zulässig. Wir GRÜNE fordern dagegen weiterhin die Schaffung eines Rechtsanspruchs bei der Sprachen-‚Wahl’", so Zais.
Das Ziel, auch an Oberschulen flächendeckend eine zweite Fremdsprache anzubieten, wird laut Kultusministerium im Schuljahr 2015/16 an jeder zehnten Schule (33 von insgesamt 336 Schulen) zumeist aufgrund zu geringer Schülerzahlen verfehlt. Im Vorjahr gab es nur 29 Oberschulen ohne 2. Fremdsprache. Das Losverfahren kam nicht zur Anwendung.
"Auch an den Oberschulen bereichert das Sprachangebot die Schule insgesamt und dient der Profilentwicklung. Ich wünsche mir hier mehr Kooperation zwischen Schulen, wenn Fremdsprachengruppen an Vorgaben zu Mindestschülerzahlen scheitern. Das Kultusministerium sollte verstärkt Anreize setzen, damit Schülerinnen und Schüler überall in Sachsen die gleichen Bildungschancen erhalten", fordert die Abgeordnete.
"Insgesamt brauchen wir an allen weiterführenden Schulen mehr Lehrkräfte für die Fremdsprachen. Das Kultusministerium muss sein Werben um Lehrernachwuchs ebenso intensivieren wie die Bemühungen um die kurzfristige Absicherung des Unterrichts, etwa durch verstärkte Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungseinrichtungen."
» Antwort von Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Zais (GRÜNE) ‚Zugang zur 2. Fremdsprache an Gymnasien und Oberschulen im Schuljahr 2015/16‘ (Drs 6/2552)
» Antwort von Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Zais (GRÜNE) ‚Zugang zur 2. Fremdsprache an Gymnasien und Oberschulen im Schuljahr 2014/15 (Nachfrage zu Drs 5/14974)‘ (Drs 6/5)