Datum: 16. Juli 2015

Zweiter Bildungsweg ist ein Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit – Ländliche Räume werden dabei benachteiligt

(2015-242) "Der Zweite Bildungsweg leistet einen wesentlichen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit im sächsischen Bildungssystem. Auch nach Beendigung der Schulzeit muss es möglich sein, Schulabschlüsse nachzuholen. Wie schon bei der Vergabe der Bildungsempfehlungen und der Verteilung von Schulabschlüssen gibt es innerhalb Sachsens jedoch große Unterschiede, die sich negativ auf die Chancengerechtigkeit auswirken", resümiert Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, Ergebnisse ihrer Kleinen Anfrage.
Die Chance, in Sachsen einen Schulabschluss nachholen zu können, war schon in den vergangenen Jahren nicht groß. Inzwischen gibt es gar nur noch in sieben der 13 Landkreise und kreisfreien Städte die Möglichkeit, das Abitur an Schulen des Zweiten Bildungswegs abzulegen, ein Haupt- oder Realschulabschluss kann in entsprechenden Institutionen nur noch in sechs Kreisen bzw. Städten nachgeholt werden.
Während in Chemnitz im Jahr 2014 fast jede 10. Hochschulzugangsberechtigung (8,9 Prozent) über den Zweiten Bildungsweg erworben wurde, gab es diese Möglichkeit im Vogtlandkreis und in den Landkreisen Görlitz, Meißen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Leipzig und Nordsachsen nicht einmal. In der Stadt Leipzig und im Landkreis Mittelsachsen wurden je knapp 8 Prozent (7,7 bzw. 7,4 Prozent) der Abiturabschlüsse an Schulen des Zweiten Bildungsweges vergeben, im Erzgebirgskreis waren es noch 4,1 Prozent. Auch zum Ablegen des Haupt- oder Realschulabschlusses war der Zweite Bildungsweg gefragt – zumindest dort, wo es ihn gab.
"Die Schließung von Schulen hat auch vor Abendmittel- bzw. -oberschulen und -gymnasien nicht haltgemacht. Hier sind ländliche Räume klar benachteiligt. Denn während Schülerinnen und Schüler, gleich welchen Alters, in Leipzig oder Dresden sprichwörtlich alle Wege offen stehen, sind Bildungswege andernorts aufgrund fehlender Angebote verbaut."
"Der Anteil an Schülerinnen und Schülern, die die allgemeinbildenden Schulen ohne Abschluss verlassen, ist 2014 zwar erstmals deutlich gesunken (2014: 8,73 Prozent, 2013: 10,35 Prozent). Es bleibt jedoch abzuwarten, ob es sich dabei um eine Trendwende handelt. Abgesehen davon stehen hinter einer Quote von knapp neun Prozent immer noch mehr als 2.300 junge Menschen, denen die Schule nicht die Grundkenntnisse vermitteln konnte, die sie für den weiteren Lebensweg brauchen. Nicht alles kann im Ausbildungssystem aufgefangen werden. Deshalb ist der Erhalt und die Stärkung des Zweiten Bildungsweges so wichtig. Es muss geprüft werden, inwieweit die Volkshochschulen oder andere geeignete Bildungsstätten mit dieser Aufgabe betraut werden können, wenn die entsprechenden Abendschulen nicht oder nicht mehr zur Verfügung stehen. Davon könnten gerade auch Menschen mit Migrationshintergrund profitieren, die schon heute überdurchschnittlich häufig den Zweiten Bildungsweg beschreiten."
» Kleine Anfrage "Bildungsabschlüsse in Sachsen – Entwicklung" (Drs. 6/1712)