‚Agora Energiewende‘ legt Abschaltplan für Kohlekraftwerke bis 2040 vor – Die ersten sächsischen Kraftwerksblöcke sollen bereits in 5 Jahren vom Netz
(2016-20) Der energiepolitische Think Tank ‚Agora Energiewende‘ hat heute in Berlin seinen Plan für einen Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2040 vorgestellt.
Die nationalen Klimaschutzziele, die nach dem Pariser Abkommen als gesicherte Mindestziele gelten dürfen, setzen unausweichlich den Kurs: innerhalb der nächsten 35 Jahre muss die Dekarbonisierung der gesamten Energiewirtschaft in Deutschland abgeschlossen sein. Mit dem vorgestellten Konzept kann dieses Ziel realistisch erreicht werden. Der Plan basiert auf einem durchgerechneten Pfad, der die Versorgungssicherheit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet.
Nach dem vorgelegten Plan sollen in Sachsen die Blöcke Boxberg N und P ab dem Jahr 2021 vom Netz gehen. Das Kraftwerk Lippendorf soll vor 2035 vom Netz sein, wie auch der Block Q des Kraftwerks Boxberg. Im Konsens-Szenario der Agora geht spätestens im Jahr 2038 mit der Abschaltung des jüngsten Blockes Boxberg R in Sachsen das Zeitalter der Braunkohleverstromung zu Ende.
"Der Agora-Plan ist viel mehr als ein Abschaltplan für Kohlekraftwerke bis 2040", lobt Dr. Gerd Lippold, energiepolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag. "Der Plan enthält durchgerechnete Konzepte. So ist eine Nachsorge-Abgabe von 2,50 Euro je erzeugter Megawattstunde Strom für die verlässliche Finanzierung von Milliardenhilfen für den Strukturwandel in den Kohlerevieren vorgesehen. Somit wird der Ausstieg für Betreiber, Investoren, Arbeitnehmer, Kommunen und Steuerzahler berechenbar."
"Genau diese komplexen Antworten muss ein Plan geben, der als Basis für einen breiten nationalen Konsens zum Abschied von der Kohle dienen soll. Auch wenn ich der Überzeugung bin, dass der Kohleausstieg schneller gehen kann und ich nicht mit jedem Ansatz im Agora-Plan zufrieden bin, so definiert er doch Säulen für ein Bundesgesetz zum Kohleausstieg in Analogie zum Atomausstieg bzw. zum Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau. Dies stellt in seinem Konsensansatz eine neue Qualität dar."
"Es wird höchste Zeit, dass auch in Sachsen die verantwortungslose Realitätsverweigerung in der Energie- und Klimapolitik beendet wird. Die Staatsregierung muss sich endlich an der Erarbeitung von Lösungen insbesondere für die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen – in Sachsen die Lausitz und das mitteldeutsche Revier – beteiligen, anstatt aus dem Abseits mit Blockaden und Abwehrkämpfen zu reagieren. Eine solide Diskussionsbasis hat ‚Agora Energiewende‘ auf den Tisch gelegt", so der Abgeordnete.
"Offenbar setzt vereinzelt auch in der Staatsregierung Nachdenken ein. So ließ Staatskanzleichef Dr. Fritz Jaeckel bei der Dezembersitzung des Sächsischen Landtags mit der Einschätzung aufhorchen, die Braunkohle würde in Sachsen wohl noch für 15–20 Jahre eine Rolle spielen. Das steht auffällig in Übereinstimmung mit den Annahmen des Agora-Konzeptes für die sächsische Braunkohle."
"Die CDU-Landtagsfraktion hingegen geht in ihrem jüngsten Positionspapier noch fest davon aus, dass der Freistaat das gesamte 21. Jahrhundert auf die Braunkohle setzt. Offiziell klammert sich die Staatsregierung weiter an Pläne für neue Tagebaue und hofiert neue Investoren, um ihre Braunkohlestrategie über viele Jahrzehnte fortzusetzen", kritisiert Lippold.
"Ein Kohleausstieg per Bundesgesetz jedoch lässt keinen Raum für eine sächsische Rolle als ‚gallisches Dorf‘ gegen die Energiewende. Entweder Sachsen steigt selbstbestimmt mit aus oder Sachsen wird ausgestiegen. In der sächsischen Regierungskoalition wird nun die Zeit knapp, gesichtswahrend als Gestalter in Erscheinung zu treten, anstatt sich unter Protest vom toten Pferd zerren zu lassen."
» ‚Agora Energiewende‘: Elf Eckpunkte für einen Kohlekonsens – Konzept zur schrittweisen Dekarbonisierung des deutschen Stromsektors (Langfassung) [PDF]
» Aussage von Staatskanzleichef Dr. Fritz Jaeckel bei der Dezembersitzung des Sächsischen Landtags (Protokoll der Sitzung vom 16.12., S. 1994, Mitte links) [PDF]
» Positionspapier der CDU-Landtagsfraktion Sachsen vom 28. Juni 2015