Angriffe im Leipziger Stadtteil Connewitz − GRÜNE: Verfassungsschutz hatte völlig falsche Lage-Einschätzung
Wenn in antirassistischem Protest pauschal "Linksextreme" gesehen werden, ist es wenig überraschend, dass die Gefahr, die von gewalttätigen Neonazis und Hooligans ausgeht, unterschätzt wird.
"Den Angriff gewalttätiger Neonazis und Hooligans auf Geschäfte und Wohnhäuser im Leipziger Stadtteil Connewitz am 11.1.2016 hatten Polizei und Verfassungsschutz offenbar zu keinem Zeitpunkt auf dem Schirm." Dieses Fazit zieht Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, aus der Antwort des Innenministers Markus Ulbig (CDU) auf seine Kleine Anfrage.
"Offensichtlich ist der Verfassungsschutz nach wie vor der Meinung, dass bei Nazis und rechten Hooligans nur dann gewalttätige Ausschreitungen zu befürchten sind, wenn sie mit dem politischen Gegner aufeinandertreffen", wundert sich Lippmann. "Der Verfassungsschutz hat in seinen Lageberichten, die an Ordnungsamt, Polizei, Landesdirektion und Innenministerium sowie Bundespolizei übermittelt wurden, lediglich auf diese Gefahren hingewiesen. Ein gezielter und planmäßig durchgeführter Angriff auf einen Stadtteil − quasi ohne ‚Feindkontakt‘ − wurde offenbar nicht für möglich gehalten. Dem schnellen Einschreiten der Polizei allein ist es zu verdanken, dass der durch die Nazis und Hooligans verursachte Schaden nur Sachen und keine Menschen betraf."
"Dass sich der Verfassungsschutz hingegen ausführlich mit Demonstrationsvorbereitungen des Aktionsbündnisses ‚Leipzig nimmt Platz‘ beschäftigt und Teile der Mitglieder dieses Bündnisses als <<extrem>> einstuft, allein schon weil sie das Wort >>Bezugsgruppe<< verwenden, zeigt, dass im sächsischen Verfassungsschutz Ideologen am Werk sind. Wenn in antirassistischem Protest pauschal ‚Linksextreme‘ gesehen werden, ist es wenig überraschend, dass die Gefahr, die von gewalttätigen Neonazis und Hooligans ausgeht, unterschätzt wird."
"Dass in Unkenntnis der geplanten Aktionen wieder keine Gefährderansprache erfolgte, obwohl unter den festgenommenen Nazis und Hooligans polizeibekannte Schläger waren, verwundert mich nicht", kritisiert der Abgeordnete.
"Ich wünschte mir, dass der Innenminister in der Lage wäre, den eingeschränkten Blick seiner Verfassungsschutzbehörde zu weiten. Allerdings ist dies wohl so realistisch, als würden Ostern und Weihnachten auf einen Tag fallen."
» Antwort von Innenministers Markus Ulbig (CDU) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (GRÜNE) ‚Beobachtung des Aktionsnetzwerkes "Leipzig nimmt Platz" durch das Landesamt für Verfassungsschutz‘ (Drs 6/3819)
» Stellungnahme der Staatsregierung auf den Antrag der GRÜNEN-Fraktion: "Nach den schweren Ausschreitungen anlässlich der LEGIDA-Demonstration am 11. Januar 2016 in Leipzig – Kein Fußbreit für Neonazis und rechtsextreme Hooligans in Sachsen (Drs 6/3931)